Maifest
Turnus
jährlich
Festausübung
aktuell
Geografie
Ort
Kreis
Region
Staat
Beschreibung
Die Kaufbeurerin Wilhelmine Jäger (1904-1991) an ihre Jugend: "1911 bis 1914 war ich mit dabei. Im April wurden die Lieder und Gedichte fürs Fest gelernt und die Spannung und Erwartung bei uns Kindern stieg. Ein bestimmter Tag war nicht festgesetzt. Wenn es die Lehrer um 9 Uhr recht wichtig hatten und es in den Saal (Evang. Schule Spitaltor) hinauf ging, war es soweit. Alle sieben Klassen probten hier alles nochmal durch. Eine besondere Ehre war es, ein Gedicht aufsagen zu dürfen. Um 13 Uhr traf man sich an der Schule, und der Zug ging ins Hölzle. Vornweg marschierten die Buben mit Trommeln und Fahnen. Eine starke Klasse zählte 34 Schüler, andere 20, dazu die 6 Lehrer. Insgesamt waren es vielleicht 150 bis 200 Kinder. Nun zog man in den Wunderkreis wie beim Tänzelfest ein, nur ohne Tracht. Schön war hier, die Gegenbewegung der Züge mitzuerleben. Der Platz bestand aus Grasstreifen und Weg. Dann ging's ins "Tal" (östlich des Bauernhauses zur Aktienbrauerei war eine Mulde). Es wurden Lieder gesungen und es war "wundernett". Dann sangen wir das Stifterlied, und es ging mit den Eltern ins Gesellschaftshaus. Für jedes Kind gab es ein Los mit Preisen Auf dem Tisch, die nach Güte abgestuft waren. Oft gewann man den Preis, den die Eltern gestiftet hatten, z.B. einen Blumenstock etc. Dann gab es Semmeln, Würstle und in dem Eck bei der Laube neben dem Gesellschaftshaus stand ein begehrtes Faß mit dunklem aber leichtem Bier (wie Erntebier), von dem sich die Buben natürlich mehrmals etwas holten. Das Bier war umsonst zu haben, wer lieber Limonade wollte, mußte diese zahlen. Während des Vormittags hatten die Bäcker und Metzger die Semmeln und Würstle gemacht. Es folgten Spiele, bei Gewitter war man unter der Kegelbahn, dann ging es weiter. Gedichte wurden oft von einem Stuhl aus aufgesagt - halt sehr behelfsmäßig und einfach, aber nett.
Nun noch etwas Wichtiges! Das Maifest galt uns Kindern mehr als das Tänzelfest. Ersteres war intimer mit den Eltern und wir Kinder konnten uns richtig austoben. Letzteres war anstrengender, wenn das Fahnenschwingen schon in der Früh stattfand. Sonst gab es - auf jeden Fall im Mai - keinen Schulausflug mehr. Wir Mädchen zogen zum Maifest weiße Kleider an (das beste was man hatte), flochten Blumen ins Haar oder Schleifchen in den Zopf (manche bis zu 5 Stück). Die Buben trugen "Hochwasserhosen" und weißes Hemd...."
Referenzen
Thomas Pfundner: Wie's früher war: Erinnerungen an das Leben in Kaufbeuren vor 80 Jahren. In: Kaufbeurer Geschichtsblätter, Bd. 13/2, Juni 1993, S.50-58.

