Bräutlingsbaden

Sigmaringen

Sigmaringen

Baden-Württemberg

Deutschland - Germany

Dieses Jahr

13.02.2024 (Fastnachtsdienstag), 11.02.2024 (Fastnachtssonntag = Quinquagesima / Estomihi)

Nächstes Jahr

04.03.2025 (Fastnachtsdienstag), 02.03.2025 (Fastnachtssonntag = Quinquagesima / Estomihi)

Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

Allg. Festbeschreibung

Geografie

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Ort

Sigmaringen

Kreis

Sigmaringen

Region

Baden-Württemberg

Staat

Deutschland - Germany

Beschreibung


Das Ereignis der "Semmerenger Fasnet" ist der Bräutelbrauch am Fasnetdienstag.
Am Fastnachtssonntagmorgen beginnt das Vorspiel zum eigentlichen Bräuteln. Auf dem Marktplatz wird die Bräutlingsstange an die zwanzigjährigen Sigmaringer übergeben, die sogenannten "Bräutlingsgesellen". Das Narrenvolk hat nun die Macht in der Stadt, der Bürgermeister "verliert" sein Amt. Nachdem der Stangenträger seinen traditionellen "Sprungrundtanz" vorgeführt hat, setzt sich der ganze Zug in Bewegung.
"Freuet Euch des Lebens, d'Semmeringer Mädle hand Peterla a, älles ischt vergäbens, koine kriagt koin Ma!" schallt es durch die Straßen, wenn die Trommler und Pfeifer das Semmeringer Fasnetslied spielen und die Bräutlingsgesellen die Kandidaten zum Bräuteln auf den Fastnachtsdienstag laden.
Die ledigen Gesellen - es müssen aber lauter Bürgersöhne sein - gehen bei alle Bürgern herum, die seit der letzten Fastnacht geheiratet haben. Es ist ein feierlicher Umzug. Von einem Wirtshaus aus, wo sie nachher ihren Tanz halten, ziehen die Burschen gleich nach der Kirche los. Voran springt der "Fasnetsnarr" in seinem sackartigen Kleid, mit seiner mächtigen Peitsche und seinem Rollengeschell. Die Kinder und auch schon erwachsenen Mädchen fürchten ihn sehr, weil er sie rußig macht, wenn er sie erwischt. Nach dem Narren kommen zwei oder vier Läufer. Sie sind folgendermaßen gekleidet: weiße Hosen, schöne Bändel um die Knie und um die Arme, schöne Hosenträger, ein schneeweißes Hemd und ein kleines Hütlein auf dem Kopf. Die Läufer haben natürlich auch Peitschen, denn das Schnellen ist beim ganzen Fest die Hauptsache. Darum nimmt man auch nur solche zum Fest, die recht schnellen können.
Jetzt kommt der Zug: die Gesellen und die Musik. Sie haben schwarze Fräcke an und Seidenhüte auf dem Kopf. Auch die Handschuhe dürfen nicht fehlen. Einer von der Musikbande hat eine gefüllte Weinkante in der Hand; ein anderer trägt einen dicken Prügel, reichlich mit schönen Bändern verziert. Zwei von der Bande machen auf: einer geigt, der andere "klanetet"; beide haben schöne Bändel an ihren Instrumenten. Die Beiden spielen einen rechten "Rochesbumpernickelsmarsch" auf dem ganzen Weg. Überall stehen Leute herum und die Jugend springt, was sie nur springen kann. Jetzt geht der Zug in die Häuser hinein. Die Musikanten spielen darauf los und die jungen Eheleute tanzen danach, wenn sie mögen. Während sie tanzen stiehlt ihnen der Narr das Fleisch aus dem Hafen und einen Braten vom Kamin herab und springt damit fort. Zuletzt geht es noch um das Trinkgeld für die Gesellen; dann gehen sie. Bekommen sie keines, so wird der Bräutling gebadet. Er muss auf den Prügel sitzen, der in den preußischen Farben Weiß und Schwarz geringelten sogenannten "Bräutelstange", die heutzutage gepolstert ist. Von ihr aus wirft das "Opfer" Brezeln, Würste oder Bonbons und Orangen an die Umstehenden aus. Dann trägt man ihn durch das ganze Städtchen, bis zum Rohrbrunnen. Dreimal läuft man mit ihm um den Brunnen herum und wirft man ihn hinein. Ist alles zu Ende, geht man in den "Hirsch" oder ins "Bräuhaus" und hält einen Gesellentanz und ist lustig. Das gestohlenen Fleisch lässt man kochen, das Trinkgeld vertrinkt man.

Maskenfiguren:
Die Bräutlingsgesellen, die bereits seit dem Mittelalter belegt sind, tragen heute schwarze Kniebundhosen, weiße Hemden, schwarze Halbschuhe und weiße Strümpfe. Farbtupfer sind die rote Krawatte und die roten Steghosenträger. Als Kopfbedeckung dient ein schwarzer Dreispitzhut mit Stoffkokarden. Diese Kleidung erinnert an die Burschentracht um 1780 bis 1800.
Zur Sigmaringer Narrenzunft gehören mehrere Fledermausfiguren. Die Traditionsfledermaus ist bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt. Fasnet war damals Männersache, doch die Frauen wollten ebenfalls mitmischen und suchten nach einem für sie geeigneten Häs. Das Gewand der Fledermaus ist aus einfachen Mitteln herzustellen, die früher in jeder Garderobe zu finden waren: schwarz-roter Tüllunterrock, schwarzseidener Rock und eine weiße Seidenbluse mit Spitzeneinsätzen, schwarze Halbschuhe und ebenfalls schwarze Seidenstrümpfe. Über Kopf und Rücken hängt ein Wienerschal mit weißem Spitzenvorhangstoff darüber. In Höhe der Schläfen sind zwei Ohren abgebunden, an denen meterlange Seidenbänder hängen: je zwei gelbe, rote, grüne und blaue. Die Fransen des Wienerschals verhüllen das unverlarvte Gesicht, manchmal trägt die Fledermaus aber auch eine Stofflarve.
In Anlehnung an die alte Fledermausfigur entstand 1965 die Neue Fledermaus oder Braune Fledermaus. Das Gewand setzt sich aus einer weiten Pluderhose und einem weiten Kittel zusammen, der bis zu den Hüften reicht und aus dunkelbraunem Velours hergestellt ist. Der Kittel, der wie ein Umhang den ganzen Körper einhüllt, ist zwischen Ärmel und Kittel mit braunen Stoffbahnen behängt. Verbunden durch weiße Schnüre ähneln sie Fledermausflügeln. Ein weißer Brustlatz aus hellem Velours gehört ebenfalls zum Kleid. Als Kopf dient dieser Fasnetsfigur ein hölzerner Fledermauskopf.
Der dritte Fledermaustyp ist die Kleine Fledermaus. Die einfache Kleidung besteht aus langer schwarzer Hose, weinrotem Kittel und aus grauer Seide genähten Fledermausflügeln. Die Schultern bedeckt ein reich verzierter Umlegekragen. Auf dem Kopf trägt die Figur eine Haube mit langen stehenden Ohren. Die Kleine Fledermaus trägt keine Maske.

Eine ebenfalls recht alte Fastnachtsfigur ist der Schlossnarro. Das Häs mit Rauten und offener Mundpartie geht zurück auf die "Commedia dell'arte" im 16. Jahrhundert. Man nimmt an, dass diese über den hohenzollerischen Fürstenhof Einfluss auf die Sigmaringer Fastnacht ausübte. Zum Schlossnarro gehören neben Streckschere und Pritsche auch die Brezelstange oder ein Narrenspiegel. Als Vorlage für den Narro diente eine Lithographie aus der Zeit um 1880.
Narrenrat und Spielmannszug vervollständigen die Figuren der Semmeringer Fasnet.

Geschichte:
Als im Jahre 1912 einige närrische Sigmaringer Bürger beschlossen, die traditionelle heimische Fasnet zu pflegen und zu bewahren, gründeten sie die heutige "Narrenzunft Vetter Guser". Der Name entstand nach einer Fabel: Ein Fuchs, der sich als Vetter der Gänse ausgibt, belehrt diese und spielt mit ihnen "Vetterles". Er hält sie zum Narren, was die Gänse schließlich das Leben kostet.
Der Aufnahmebrauch, bei dem man die seit der letzten Fastnacht frisch verheirateten Ehemänner zum Bräuteln führt, verweist auf eine alte Tradition. Aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg ist bekannt, dass unter den einfachen Soldaten eine "edle Reuter-Meyen-Zunft" bestand, die die Erlaubnis der Obersten hatte, in der Osterzeit ihr eigenes Regiment zu führen. Unter den Strafen, die innerhalb dieses Regiments üblich waren, gab es das "Schimmelreiten auf einer Stange". Auch die "Reuttlinger Chronic" von 1690 beschreibt wie Soldaten den Schulphysikus Elbert, mit dem sie in Streit gerieten, bestraften: "Der Doctor saß auf einer Stange in der Höhe, ohne Huet, ohne Halstuch, ohne Degen und ohne Stab .... Sie haben ihn also vor einer großen Menge Volks hinter herfür umbs Rathaus und zum Brunnen getragen und ihn in den Brunnen werfen wollen." Aus diesem alten Kriegsbrauch hat sich im Laufe der Zeit ein närrischer Fastnachtsbrauch entwickelt. Seit 1792 ist das närrische Sigmaringer Bräuteln bekannt.
Die Aufnahme der Narrenzunft Vetter Guser in die VSAN fand im Jahre 1934 statt.

Die Termine der aktuellen Fastnachtsveranstaltungen können aus dem unter www.fasnacht.net ab Oktober jedes Jahres von der Vereinigung Schwäbisch- Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) veröffentlichten Narrenfahrplan entnommen werden.