Crailsheimer Volksfest
Turnus
jährlich
Festausübung
aktuell
Geografie
Ort
Kreis
Region
Staat
Beschreibung
Das Fränkische Volksfest in Crailsheim, das immer am Wochenende vor dem vorletzten Montag im September stattfindet, ist das größte seiner Art in der Region. In der Wahrnehmung der Bevölkerung ist es so zentral, dass es eine Zeitrechnung "vor und nach dem Fest" gibt.
Der Ablauf ist nach folgendem Schema festgelegt: Freitagnachmittag um 14 Uhr begibt sich der Volksfestbeirat, angeführt vom Oberbürgermeister, auf den Rundgang durch den Vergnügungspark und die gewerblichen Ausstellungen. Abgeschlossen wird dies durch die Bierprobe um 17.30 Uhr jährlich wechselnd in einem der beiden Festzelte. Die Bierprobe stellt gleichzeitig die offizielle Eröffnung dar. Am Samstagvormittag ist um 9.30 Uhr der Empfang des Oberbürgermeisters für die auswärtigen Ehrengäste aus dem öffentlichen Leben. Sonntags wird zur gleichen Uhrzeit seit einigen Jahren ein Empfang für die ausländischen Ehrengäste aus den Partnerstädten Worthington/USA und Pamiers/Frankreich sowie aus anderen europäischen Städten, die man gerne zum Volksfest einlädt, durchgeführt. Samstags und Sonntag jeweils um 10.30 Uhr bewegt sich der Festzug vom Bahnhof her durch die Innenstadt, nach rund drei Kilometern am Volksfestplatz endend. Im dreijährigen Turnus wird er wechselweise von Schulen, Landwirtschaft und Gewerbe gestaltet. Die Schulen bestreiten jeweils einen weitgehend gleichbleibenden Festzug mit Motiven aus der Stadtgeschichte. Sie sind dem dargestellten Gegenstand entsprechend kostümiert. Die Landwirtschaft gestaltet einen besonders farbenprächtigen Zug, in dem heute auch kritische Töne nicht fehlen. Die ebenfalls wechselnden Festzüge des Gewerbes standen jüngst unter dem Motto "Unser Crailsheim mitten in Europa" oder "Unser Crailsheim - weltweit verbunden".
Am Volksfestmontag ist der Tag der Landwirtschaft mit den Tierprämierungen (Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen), die mit dem Fränkisch-Hohenlohischen Schaubild abgeschlossen werden. Im Anschluss trifft sich ganz Crailsheim im Festzelt zum Kuttelessen und beim nachfolgenden Familientag auf dem Festgelände. Dieser Tag ist für die Jugend schulfrei. Die Geschäfte sind nach dem verkaufsoffenen Sonntag geschlossen und auch die meisten Betriebe arbeiten nicht. Nachmittags sind Reitervorführungen im Stadion. Zum Rahmenprogramm gehören sportliche Vorführungen wie das Inline-Skater-Rennen vor dem Festzug am Samstag, das Drais-Laufrad-Rennen vor dem Festzug am Sonntag, das DLRG-Fackelschwimmen am Samstagabend in der Jagst sowie Fußballspiele und hundesportliche Vorführungen. Ein Höhepunkt ist das Brillant-Feuerwerk über dem Volksfestplatz am Sonntagabend. Gäste aus dem Ausland bestreiten seit Anfang der 1990er Jahre neben ihrer Teilnahme am Festzug auch Vorführungen auf den Plätzen der Innenstadt, so Musiker und Tanzgruppen aus Frankreich, Tschechien, Polen und Litauen. Auch die Crailsheimer Stadtkapelle und deren Bigband treten hier auf.
Das Fränkische Volksfest wurde 1841 anlässlich des 60. Geburtstags und 25jährigen Thronjubiläums von König Wilhelm I. als Landwirtschaftliches Bezirksfest gestiftet. Veranstalter war der Landwirtschaftliche Bezirksverein. Es entwickelte sich in den nachfolgenden Jahrzehnten nach dem Vorbild des Canstatter Wasens zu einem großen Volksfest. Ab 1842 gab es Viehprämierungen, im ersten Jahr vor dem Rathaus, ab 1843 am Feuersee an der Ansbacher Straße. Ebenfalls ab 1843 war mit dem Volksfest eine Industrie-Ausstellung verbunden, ausgerichtet vom Crailsheimer Gewerbeverein. Offenkundig wurde schon bald ein umfängliches Programm entwickelt, an dem sich vor allem Vereine beteiligten. Das Stuttgarter Tagblatt schrieb 1859: "Am vergangenen Matthäusfeiertag wurde in vielen Bezirken des Landes das übliche landwirtschaftliche Partikularfest gefeiert. Nach den bis jetzt vorliegenden Berichten wurde diese Feier am gelungensten im Crailsheimer Bezirk abgehalten, wo ländliche Aufzüge, landwirtschaftliche Beschäftigungen auf Wagen, Volkstänze und vielfältige andere Vergnügungen diesen Tag, der mit einem schönen Feuerwerk schloss, zu einem wahren Volksfest machten."
Mit den "vielfältigen anderen Vergnügungen" sind neben Tanzveranstaltungen auch erste Karussells, "Glückshafen" und Lotterien gemeint, die Vorläufer des späteren großen Vergnügungsparks. Ab 1911 wurde das inzwischen drei Tage andauernde Fest auf Beschluss von Stadtrat und Bürgerausschuss in die Regie der Stadt übernommen. Unterbrechungen beim Volksfest gab es in den Kriegsjahren 1866 und 1870 sowie während der Weltkriege und den Inflationsjahren. Während des Dritten Reichs gerieten Festzug und Gesamtveranstaltung unter den Einfluss der Nationalsozialisten. Nach dem Zweiten Weltkrieg bildete sich das Volksfest heutiger Prägung mit dem Festzug in jährlich wechselnder Trägerschaft heraus.

