Holzäpfeltanz

Dossenheim

Rhein-Neckar

Baden-Württemberg

Deutschland - Germany

Dieses Jahr

21.09.2024 (3. Wochenendsamstag im September)

Nächstes Jahr

21.09.2025 (3. Wochenendsonntag im September)

Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

Allg. Festbeschreibung

Geografie

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Ort

Dossenheim

Kreis

Rhein-Neckar

Region

Baden-Württemberg

Staat

Deutschland - Germany

Beschreibung


Heute wird der Holzäpfeltanz nach überlieferten Beschreibungen im Rahmen der Kirchweih aufgeführt. Nach Beschreibungen des Brauchs aus dem beginnenden 19. Jh. wurde das Fest jährlich am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt gefeiert. Die Burschen des Dorfes, welche an dem Fest teilnehmen wollten, legten ihren Mädchen am Vorabend einige Holzäpfel vor das Fenster als Zeichen der Einladung. Die wohlhabenden Mädchen holten sich nun die dreispitzigen Hüte ihrer Tänzer und schmückten sie mit bunten Bändern und Blumen. Sonntags, nach geendetem Gottesdienst, versammelte sich das ganze Dorf am Tanzplatz, einem geschlossenen Hofraum mit einem Grasplatz beim alten Rathaus. In der Mitte des Platzes saßen die Musikanten und hinten auf der Mauer ein Bursche, der an einer Fichtenstaude den Siegespreis hielt: einen mit Bändern geschmückten Hut für den Sieger und ein paar Strümpfe für seine Tänzerin. An den vier Seiten des Tanzplatzes stand je ein Bürger mit Gewehr als Kampfrichter. Einer von ihnen hielt einen Nusszweig in den Händen. Vor Beginn des Tanzes wurde ein Sack voll Holzäpfel auf den Boden ausgeschüttet. Außerhalb des Hofes hing an einem Baum eine geladene Flinte mit einer langen Zündschnur. Beim Beginn des Tanzes wurde die Zündschnur gezündet und das erste Tanzpaar erhielt einen Walnusszweig. Sie tanzten bis zum nächsten Kreiswärtel (Kampfrichter), der den Zweig entgegennahm und dem nächsten Paar weitergab. Den Preis erhielt das Paar, das den Zweig gerade in der Hand hatte, als die Flinte losging. Die Tänzer begaben sich dann auf den Tanzboden ins Wirtshaus, wo der Sieger die Übrigen bewirten mußte.

Erstmals erwähnt wurde der Holzäpfeltanz im Jahre 1794. Die nächsten genaueren Beschreibungen stammen aus dem Beginn des 19. Jh. Um die Mitte des 19. Jh. wurde der Holzäpfeltanz auf oberamtliches Geheiß verboten und geriet allmählich in Vergessenheit. Möglicherweise ist mit der Abschaffung des Tanzes auch der damit verbundene Markt beseitigt worden.
Gegen Ende der 1870er Jahre betrieb G. Christ in Dossenheim Nachforschungen, um Weitergehendes über diesen Volksbrauch und dessen Ursachen zu erfahren, und stellte dabei Folgendes fest: Der Holzäpfeltanz wurde von gewöhnlich zwölf jungen unverheirateten Burschen mit ihren Mädchen aufgeführt. Die Tänzer hatten dabei "Sehwege" (Dreispitze) auf und trugen hirschlederne Hosen, Kamisole (kurze Jacken) mit rotem Futter, weiße Strümpfe und Schnallenschuhe. Die jungen Männer wurden Bannwart- oder Bannweidbuben genannt, nach einem Brauch, der mit dem Holzäpfeltanz verbunden war. Und zwar besaßen sie ein von der Gemeinde eingeräumtes Beaufsichtigungsrecht über den Weidgang auf einem etwa 30 Morgen großen Gebiet unterhalb der Landstraße, der sogenannten Bannweide. Sobald hier die Ernte eingebracht war, wurde mit Steinen und Strohwischen ein Distrikt markiert, auf dem allein die fronpflichtigen Bauern ihr Vieh eintreiben konnten. Gleichfalls durften die Bannweidbuben, die Söhne von "Spannbauern" (Fuhrwerksbesitzern) sein mussten, im Gemeindewald in zwei Schlägen, den sogenannten Bubenwäldern, die Aufsicht führen. Zwischen der Ernte und Mariä Himmelfahrt kamen sie nun regelmäßig auf der Bannweide um einen brennenden Holzstoß zusammen, bildeten ein aus verschiedenen Ämtern bestehendes "Gericht", das Bannweidgericht, und berieten beim Feuerschein, wer unrechtmäßig auf der Bannweide und in den Bubenwäldern angetroffen worden war. Das Bannweidgericht verhängte dann scherzhaft gemeinte Strafen. Am Sonntag vor dem Holzäpfeltanz zogen die Bannwartbuben nach dem Kirchgang durch das Dorf, einer mit einem mit Bändern und Schellen geschmückten Stock an der Spitze, klopften an die Fenster und sammelten die Strafgelder ein, wobei in der Höhe der Strafe nach Kuh-, Pferde- und Ochsenbauern unterschieden wurde. Auch wer über die Bannwartbuben geschimpft hatte, musste einige Kreuzer bezahlen. Die eingezogenen Gelder, zu denen die Gemeinde noch 45 Kreuzer tat, verwendeten die Bannwartbuben für sich. Das ihnen eingeräumte Aufsichtsrecht ging mit dem Tag des Holzäpfeltanzes zu Ende: von nun an konnte wieder jeder Einwohner die Wald- und Weidedistrikte nutzen. Das Verbot des Tanzes führt Christ darauf zurück, dass die Bannwartbuben beim Abhalten des Gerichtes einmal einen Baum auf der Bannweide versengten und dadurch Unwillen hervorriefen.
Auf Initiative von Peter Reinhard, dem Mitbegründer des Dossenheimer Heimatvereins, wurde der schon lang in Vergessenheit geratene Holzäpfeltanz neu belebt und fand als Kirchweihbrauch wieder Eingang in Dossenheim. Zu diesem Zweck wurde eine Trachtengruppe des Heimatvereins gegründet, zuerst meist aus Mitgliedern des Turnvereins "Germania" bestehend, die seitdem in der alten Dossenheimer Tracht alljährlich am Kirchweihsonntag auf dem Platz an der Mühlbrücke den Holzäpfeltanz in der überlieferten Weise aufführt. Der Siegespreis wurde vom Hammeltanz übernommen: symbolischer Gewinn ist ein Hammel.

siehe auch Bannweidgericht in Dossenheim.