Irma-West-Kinder- und Heimatfest

Hechingen

Zollernalbkreis

Baden-Württemberg

Deutschland - Germany

Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

Geografie

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Ort

Hechingen

Kreis

Zollernalbkreis

Region

Baden-Württemberg

Staat

Deutschland - Germany

Beschreibung


Alljährlich findet am zweiten Wochenende vor den Sommerferien das Irma-West-Kinder- und Heimatfest - von den Hechingern schlicht das Kinderfest genannt - statt. Von Freitag bis Montag wird gefeiert.

Das Irma-West-Kinder- und Heimatfest präsentiert sich heutzutage als vielgestaltiges Stadtfest mit kulturellen, sportlichen und natürlich kulinarischen Angeboten für die ganze Bevölkerung.
Seit dem ersten Kinderfest sind die Festhandlung am Samstagabend und der Umzug am Sonntag traditionell bestehende Programmpunkte.
Beide sind 1998 umgestaltet und erweitert worden. Die Festhandlung auf dem Marktplatz, der ein Lampionumzug vorausgeht, wurde zu einer szenischen Spielhandlung umgestaltet, die in eindrucksvollen Bildern vor und im Rathaus die Lebensgeschichte des Feststifters (Auswanderung, Amerika, Kostüme 19. Jh.) und die Hechinger Gansfußsage miteinander verknüpft. Traditionell wird am Ende der Festhandlung an die jeweiligen Erstklässler der "Gansfuß", ein Gebildbrot, verteilt. Die für das erste Kinderfest entwickelten Kostümfiguren sind in die neue Spielhandlung integriert worden. Es sind dies Vogt und Vögtin (bzw. Schultheiß mit Frau) mit zwölf Ratsherren und deren Frauen, der Herold, die kleine Garde (preußische Uniformen) und der Jugendfanfarenzug. Sämtliche Figuren der Spielhandlung nehmen auch am sonntäglichen Festumzug teil (insgesamt rund 30 Gruppen). Einen Hauptteil des Umzuges bilden die Klassen der Grundschulen, die jährlich wechselnde Themen darstellen.
In den letzten Jahren ist der Umzug grundlegend erweitert worden durch Gruppen aus den acht Stadtteilen Hechingens, die historische Themen darstellen, Festwägen der Kindergartenkinder und historische Gruppen (Hohenzollerische Hochzeit, Revolution 1848/49). Weitere historische Gruppen sollen in den nächsten Jahren hinzukommen. Weiterhin nehmen die Musikkapellen der Gesamtstadt und die Historische Bürgergarde Hechingen am Umzug teil.
Während des Festes befinden sich im Festgelände "Weiher" ein Vergnügungspark und rund ein Dutzend "Kioske", die von Vereinen bewirtet werden. Angebote für und von Kindern sind eine Spielstraße, ein Fußballturnier der Schulen und die Veranstaltung "Der Marktplatz lebt" am Samstagnachmittag mit zahlreichen kulturellen Darbietungen. Für Jugendliche und junge Erwachsene bestehen Angebote im Trendsportbereich (Streetball, Beachvolleyball) und der U-Musik (Hip-Hop, Rock, Folk).
Den Abschluss des Festes bildet am Montagabend ein Feuerwerk auf dem Festplatz, der über die Festtage in den Kiosken für tausende Besucher die Möglichkeit zu geselligem Beisammensein und kulinarischen Genüssen bietet.

Die Organisation des Festes liegt bei dem vom Bürgermeister geleiteten Organisationsstab, der sich aus Mitgliedern der Stadtverwaltung und Vertretern der Vereine und Gruppierungen (Jugendgemeinderat, Stadtjugendring) zusammensetzt. Für die Zukunft ist jedoch an die Gründung eines Vereins gedacht, der die Organisation des Festes übernehmen soll.

Kinderfeste haben eine lange Tradition in Hechingen. Schon Eugenie, die letzte Fürstin von Hohenzollern-Hechingen und Wohltäterin der Stadt, die 1847 jung verstarb, hatte Feste für Schüler und für die Kinder des von ihr gegründeten Kindergartens ausgerichtet.
Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurden in der "Reitbahn" regelmäßig Kinderfeste am Sedanstag abgehalten. Im Jahr 1900 fand auf der "Lichtenau" ein Kinderfest zu Ehren des 50jährigen Jubiläums des Übergangs von Hohenzollern an Preußen statt und 1913 feierte man im "Fürstengarten" ein Kinderfest zu Ehren des 25jährigen Regierungsjubiliäums des Kaisers. In der Weimarer Republik scheint die Tradition der Kinderfeste ungebrochen gewesen zu sein.
So dauerte es nahezu ein Vierteljahrhundert, bis wiederum ein Kinderfest stattfand. Der 1847 als Friedrich Wüst in Hechingen geborene und 1872 nach Amerika ausgewanderte Fred West vermachte der Stadt Hechingen nach seinem Tod 1930 eine beachtliche Summe Geld. Zur Erinnerung an seine im Alter von 24 Jahren verstorbene Tochter Irma bestimmte er einen Teil dessen, 10.000 Dollar, "um ein jährliches Kinderfest oder eine Kinderunterhaltung aller Stände und Religionsgemeinschaften abzuhalten unter dem Namen Irma West Kinderfest."
Aufgrund der komplizierten Nachlassregelungen benötigte es rund vier Jahre, bis die entsprechende Summe in Hechingen eintraf. Die Planung und Realisierung des Festes erforderte nochmals zwei Jahre Zeit, so dass das erste Irma-West-Kinderfest im Jahre 1936 gefeiert werden konnte. Die Ausgestaltung des Festes, der damalige Bürgermeister Paul Bindereif übernahm die Federführung, war allerdings bestimmt durch die Instrumentalisierung für die Ideologie und die Ziele des Nationalsozialismus. Man hatte zwar mit Figuren wie Vogt und Vögtin und der Kleinen Garde oder auch dem Gansfuß, einem Gebildbrot, Elemente aus der Geschichte Hechingens aufgegriffen, die Durchdringung der praktischen Ausführung mit den nationalsozialistischen Leitgedanken wie der Volksfamilie und dem Führerprinzip sowie der nationalsozialistischen Brauch- und Volkstumsideologie ist jedoch offensichtlich. Somit standen die Feste der Jahre 1936-38 unter keinem günstigen Stern und angesichts des Ausschlusses jüdischer Kinder war auch der Stiftungsgedanke ad absurdum geführt worden.
Das erste Kinderfest nach dem Krieg fand 1949 statt, in der Folgezeit waren es vor allem auch die thematisch orientierten Umzüge der Schulkinder, die in Erinnerung blieben. Seither hat sich jedoch auch einiges geändert: 1968 wurde der Festplatz von der Lichtenau in den Weiher verlegt, Gruppen wie der Jugendfanfarenzug sind hinzugekommen, die Vereine der Stadt, auch der Ortsteile, beteiligen sich am Umzug und der Festhandlung, insbesondere die Historische Bürgergarde Hechingen und die Angebote für Kinder und Jugendliche sind ausgebaut worden.
Das seit 1949 wieder jährlich stattfindende Fest befand sich im Jahr 1998 in einer Umgestaltungs- und Erneuerungsphase, insbesondere hinsichtlich der zentralen Programmpunkte. Die samstagabendliche Festhandlung, bisher noch auf dem Textentwurf für das Fest 1936 basierend, präsentierte sich 1998 erstmals als neuentwickelte szenische Spielhandlung, in deren Verlauf die Geschichte des Stifters Fred West und auch die Hechinger Gansfußsage interpretiert wurden. Der Umzug am Sonntag wurde durch eine Vielzahl neuer historischer Gruppen bereichert. Die traditionellen Gruppen wie der Herold, Zwölferrat, die Kleine Garde oder der Jugendfanfarenzug blieben erhalten und sind in die neue Konzeption eingebunden.

Referenzen

Hohenzollerische Heimatbücherei Hechingen, Heiligkreuzstr. 10, 72379 Hechingen