Rugelespiel
Turnus
jährlich
Festausübung
aktuell
Geografie
Ort
Kreis
Region
Staat
Beschreibung
An einem Sonn- und Feiertag im Mai sind vor dem Gasthaus "Schützen" auf dem Weg zur "Erle" zwei Marktbuden auf offener Straße aufgeschlagen. Auf ihren Auflageflächen befinden sich zwei große, flachgeflochtene Worfelschalen, wie sie einst bei der Getreideverarbeitung, beim Entstauben des Getreides, in Gebrauch waren. Hier dienen sie als Auffangraum für jeweils drei Würfel, die mittels lederner Knobelbecher auf den Flechtboden gerollt werden. Ziel dieser Übung ist der Erwerb einer großen Brezel, die mit einem gewissen Einsatz und viel Glück zu gewinnen ist. Jeden Durchgang bestreiten vier Spieler an einer Schale gegeneinander, wobei die höchstgewürfelte Zahl zum Gewinn der Brezel führt. Die Werbung zur Zusammenstellung einer Vierergruppe bedient sich eines immer wieder lautstark verkündeten Spruches: " Eimol isch g'setzt, zweimol isch g'setzt, viermol isch g'setzt". Für Kinder wurden eigene Spielbedingungen geschaffen. Ohne Spielbeteiligung kann die Brezel auch gegen Bezahlung gekauft werden, doch erscheint diese Handlung vielen Bewohnern grundsätzlich traditionswidrig und undenkbar.
Das Recht zur Ausrichtung oder Delegation des Würfelspiels wahrt seit geraumer Zeit die Schützengesellschaft vom 1648. Diese Hilfsorganisation Endinger Bürger habe zum Ende des 30jährigen Krieges versucht, die Stadt vor plündernden Soldatenhaufen mit eigener Wehrhaftigkeit zu schützen. In Anerkennung dieser Eigeninitiative soll Maria Theresia das Privileg zur Abhaltung des Würfelspiels im Mai erteilt haben, doch fehlt bislang der geschichtliche Nachweis dafür. Seit Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts gelangt alljährlich am letzten Montag im April das Spielrecht zur Versteigerung an interessierte Vereine und Privatpersonen, wobei letztere seit einigen Jahren infolge zu hohen Wetterrisikos von einer Teilnahme ausgeschlossen werden.
Referenzen
Bernhard Oeschger: Zwischen Santiklaus und Martinsritt. Strukturen jahreszeitlicher Brauch-phänomene in Endingen am Kaiserstuhl. Frankfurt am Main 1981. S. 128 f.