Todaustragen

Hollerbach/Buchen

Neckar-Odenwald

Baden-Württemberg

Deutschland - Germany

Dieses Jahr

03.03.2024 (3. Fastensonntag = Oculi)

Nächstes Jahr

23.03.2025 (3. Fastensonntag = Oculi)

Turnus

jährlich

Festausübung

N
erloschen

Allg. Festbeschreibung

Geografie

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Ort

Hollerbach/Buchen

Kreis

Neckar-Odenwald

Region

Baden-Württemberg

Staat

Deutschland - Germany

Beschreibung


Der älteste Schulbub des 7. Schuljahres trägt nach dem Mittagsangelus seinen selbsttätig gefertigten "Booz" umringt von den übrigen Schulkindern, am Südende des Dorfes beginnend, die Dorfstraße entlang durch das ganze Dorf bis zum östlichen Ende. Hierbei singen die Kinder immer wieder:

"Schaut heraus
Der Tod ist draus.
Wir tragen ihn zum Ort hinaus!"

Von Zeit zu Zeit hält die Gruppe an, damit der Träger und die Sänger verschnaufen können. Die Einwohner säumen die Straße. Nach dem letzten Haus schultert der Träger den Booz und im schnellen Lauf eilt die Gruppe nun noch 100 Meter weiter bis zu der Stelle, wo die Straße über den Hollerbach führt. Der Booz wird entkleidet, und die Strohfüllung unter lautem Gejohle verbrannt. Kleider und sonstige Gebrauchsgegenstände gehen sofort an den Jungen über, der nächstes Jahr den Booz zu richten hat. Nach der Mittagsandacht versammeln sich die Kinder, nun als Buben- und Mädchengruppe getrennt, jeweils mit geschmücktem Eierkorb wiederum am Dorfeingang. Die beiden Gruppen ziehen nun nacheinander jede für sich von Haus zu Haus, treten in den Hauseingang und singen:

"Summer, Summer Maie! / Dei Vechel fresse Eier,
Sie bringen uns die Schalen / Wir müssen sie bezahlen,
Eier überrot / Der Summer der ist do!
Gehle Wie, Breze nei / alle gute Sache nei,
Stab aus / em Winter gehen die Augen aus.
Erfreuen uns die Blumen / Sie bringen uns den Samen.
Hört der Mutter Schlüssel klingen / Sie wird uns etwas bringen.
Eier oder Speck / So hen mer vor der Tür eweg.
Drei Birn an einem Stiel / Liebe Mutter, bring uns viel!"

Wer von den Familien selbst einen Buben in der Schule hat, gibt der Bubengruppe vier Eier; hat er zwei Buben, zweimal vier Eier usw. Wer keinen Buben in der Schule hat, gibt drei Eier. Bei der Mädchengruppe wird ähnlich verfahren. Im Schulsaal verteilen die Gruppen, jede unter sich, die Eier nach folgendem Schlüssel : Schulanfänger erhalten je nach Menge 2-4 Eier, die Erstklässler eine bestimmte Menge, die Zweit-, Dritt- und Viertklässler je zwei Eier mehr als der Jahrgang zuvor. Die Fünft- bis Achtklässler haben wieder ihre eigene Meßzahl.

Eine Änderung in der Kleidung ergab sich auf folgende Art: Von 1954-57 war ein Lehrer namens Zoll im Dorf. Dieser schenkte den Kindern für den Booz seine ehemaligen Offiziersstiefel. Von da an trug der Booz Stiefel.
Hollerbach ist die einzige Gemeinde der sogenannten Oculi-Gruppe, wo dieser Brauch noch traditionsgemäß gepflegt wird (G. Trunk).

Seit Mitte der 1960er Jahre gab es einige Neuerungen. So bescherte die Änderung im Siedlungsbild Hollerbachs den Kindern einen größeren Gang, der nun auch die Neubaugebiete erfasst, von denen aus der Weg zum Hollerbach doch recht weit ist, so dass die Strohpuppe dort nicht mehr angezündet wird. Man verlegte den Ort der nicht ohne Gejohle vonstatten gehenden Verbrennung zunächst an eine Wendeplatte im Neubaugebiet, seit einigen Jahren schließlich trifft man sich hierzu am Ortsausgang in Richtung Unterneudorf am Wasserreservoir.

Seit wann in Hollerbach der Tod ausgetragen wird, weiß man nicht. Jedoch nimmt Brauch an, dass dies schon vor 1800 der Fall war (den ältesten Beleg der Region verdanken wir einem aufgeklärten Pfarrherrn von Pülfringen, der sich im Copialbuch von 1785 über die "übelgezogene Jugend" beklagt). Brauch erwähnt eine Beschreibung von Max Walter aus dem Jahre 1928, die identisch mit seiner ist. Nur zum Termin sagt Walter: "Früher wurde das Todaustragen am Sonntag Lätare geübt, jetzt schon an Oculi. Die Buben warten nimmer so lang." Nicht eindeutig klären lässt sich, warum die Kinder den "Toten" austragen müssen. Es fußt jedoch nicht auf Befürchtungen, daß im Falle des Ausbleibens ein Unglück das Dorf heimsuchen würde. (G. Layer)

Referenzen

Theodor Brauch: Lätarebrauchtum am bayerisch-badischen Untermain, im östlichen Odenwald und Bauand. Würzburg 1970, S. 37 f.