Wolfaustreiben

Viechtach

Regen

Bayern

Deutschland - Germany

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11.11.2024 (11.11 Martinstag/)

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Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

Geografie

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Ort

Viechtach

Kreis

Regen

Region

Bayern

Staat

Deutschland - Germany

Beschreibung


In der Zeit um Martini wird ein alter Hirtenbrauch , das "Wolfaustreiben" oder "Wolfablassen" ausgeübt. Das Hütejahr der Dorfhirten geht mit Martini zu Ende. Der Hirte sammelt entweder allein oder von Dorfburschen begleitet von Haus zu Haus seinen Hütlohn ein. Dabei wird das sonst so stille Waldlerdorf in hellen Aufruhr versetzt. Zwanzig bis dreißig Burschen mit geschwärzten Gesichtern, voran der Hirte mit einer Anzahl von Gerten, ziehen unter Peitschenknallen, Lärmen und Läuten abends vor das Waldlerhaus. Sobald das Knallen und Peitschen eingestellt wurde, sagt der Hirte seinen Spruch:

"Kommt da Hirt mit seiner Girt,
Hat das Jahr mit Freuden g'hüat.
Er hüat scho' vier- bis fünfazwanz'g Wocha.
Vierazwanz'g bis fünfazwanz'g Wocha is a lange Zeit
Und i hab ni scho' lang auf Martini g'freut.

So viel Hoawuzln (Hagebutten), so viel Kälberstutzln,
So viel Kranawettbierl, so viel Ochsen und Stierl,
So viel Schlherl, so viel Küherl!
Der Hirt muaß außa bei Reg'n und Wind,
Daß eahm's Wasser übern Buck'l abirinnt.

Er muaß renna durch Dist'ln und Dern,
Daß er oft ganz narrisch möchte' wer'n.
Und wenn er sagt von an truckan Koch
Dann rennt ihn die Bäuerin hint'ri ins Loch.
Und wenn er sagt von an bessern Ess'n,
Nacha haut eahm die Bäuerin oane eine in d'Fress'n.

Die Bauern san Schwanz, mög'n koane Wies'n und Felder verzäuna,
Aber wenn eahna a Stückle neikimmt, teans nix wia schnuaggl'n und greina.
Hör' i allerweil was glinsln, was glinsln?
Wird der Bauer in d'Kammer springa
Und mir an Vierzwanz'ger bringa!

I möchte a weiß Stück'l Brot aa no dazua!
A'Vierzwanz'ga is ma net gnua,
Und iazt leg' i dö Gart'n auf'n Tisch,
Daß ös wißts, daß morg'n Martini is."

oder:

"Glück hinein und Unglück heraus,
Jatzt is an Hüata sei Jahr scho' aus.
Zwoaradreiß'g Wocha san ma am Feld umakrocha
Und jatzt kimmt da stürmisch Winta
Und treibt uns wega.
Hitz und Kält'n ham ma übawund'n,
Den hl. Martinus ham ma mit Freud'n g'fund'n,
Der hl. Martini is zu uns aufs Feld kämma
Und hat g'sagt, wir soll'n vor da Zeit nöt Urlaub nehma,
Schenk ma enk a schöne Mirtlasgart hier,
Steckt's ös hinta die Tür!
Gebt's ös auf's Jahr mir wieda in d' Händ,
Daß ma enkanö schöna Küh und Kalma wieder kennt!

Viel Distl'n, viel Dorn,
Viel Weizen, viel Korn,
Viel Ochs'n, viel Stierl'n,
Viel Kronawittbierl'n.
Is no koana mit an Schlögl worn dastocha
Und mit koan Sack dahaut,
Daß sei' auf d' Nacht koan Wolf niemand traut!

Wird da Bauer auf'n Kast'n springa,
Wird ma apaar Grosch'n bringa.
Bringt er mir einen Dukaten,
Hat's mir no nia so grat'n,
Bringt er wenga,
Derf a mi a nöt davonsprnga.
Koa Wies und koan Acker tuats a nöt verzäun,
Und wenn enk a Rindl einkam,
Täts dennert brav grein!"

Ist der Spruch aufgesagt, übergibt der Hirt eine mit Grün gezierte Gerte, die meist die Bäuerin im Stall aufbewahrt. Mit ihr wird im kommenden Frühjahr das Vieh zum erstenmal auf die Weide getrieben. Inzwischen hat der Bauer den Hütelohn übergeben und je nach Wohlstand gibt die Bäuerin für die muntere Schar Küchle und Brot bei. Darauf entfernen sich die Wolfaustreiber und wieder beginnt ein ohrenbetäubendes Peitschen, Läuten und Lärmen.

In neuere Zeit sammelt der Hirte seinen Lohn bereits morgens ohne Begleitung bei den Bauern ein.

Das Wolfaustreiben ist nicht auf den Bayerischen Wald beschränkt, denn auch in anderen Gegenden ist der Hirtenbrauch, wenn auch unter anderen Namen, so z.B. zwischen Dachau und Schrobenhausen, Aichach und Pfaffenhofen (Ilm) unter dem Namen "Umschnalzen", ferner in der Ingoldstädter Gegend, in der Hollerdau und in der Oberpfalz und insbesondere auch um Deggendorf als "Doppeln", "Driangln" oder "Kreuzweisschnalzn" bekannt. Beim "Doppeln" peitschen zwei Burschen miteinander, beim "Driangln" drei und beim "Kreuzweisgoaßln" muß sich das Knallen der drei peitschenden Burschen überschlagen.

Die Gerte, die beim Wolfaustreiben der Hirte der Bäuerin übergibt, hebt diese im Stall an der Tür oder im Futterbarren auf. Mit der gleichen Gerte treibt man im kommenden Frühjahr erstmals das Vieh aus, um Glück im Stall zu haben. Die Gerte gelte als Fruchtbartkeits- oder Glückszeichen.

Referenzen

Hans Seidlmayer: Das "Wolfaustreiben" im Bayerischen Wald. In: Bayerische Hefte für Volkskunde 12/1939. S. 37 ff.