Fastnachtsbrauch / Egetmann
Turnus
jährlich
Festausübung
aktuell
Geografie
Ort
Kreis
Region
Staat
Beschreibung
1872 verschwand schon der Egetmann von Nals, der nicht uninteressanter gewesen wäre als der von Tramin. Voran fegte der Straßenkehrer mit einem Besen die Straßen rein. Dann kam ein alter Arlpflug, dessen Deichsel lag vorn auf einem kleinen Protzen, so daß sich die Pflugschar mit dem Pflugkopf und "mit die Hörn" hinten befand. Ein junger, maskierter Bursche in alter Bauerntracht hielt die Pflughörner. Der Protzen mit Pflug wurde von sechs kräftigen Burschen gezogen. Dies war nicht leicht, denn der Pfluglenker führte den Pflug so, als ob er am Acker recht hart "bauen" müßte. Mit Vorliebe fuhr der Pflug an die Misthaufen längs der Gassen. Dem Pflug folgte der "Knollenderschlager", der wie auf dem Acker mit einem Holzschlegel auf die Erde einschlug, das Knollenzertrümmern imitierend. Mit Vorliebe aber schlug er in die Brunnentröge, daß das Wasser weitum spritzte und die Zuschauer naß machte. Auch der "Saner" fehlte nicht, der aus seinem Sandkorb Sand, Sägmehl und Weizenspreu in die Menge streute.
Nun kam die Hauptgruppe. Auf einem Hörnerschlitten lag eine alte Egge mit Holzzähnen. Hinter ihren nach hinten gebogenen Handheben stand, als ob er eggen wollte, auf den Kufen des Schlittens der Egetmann. Hier steckte eine Strohfigur in einer alten Bauerntracht. Der Egetmann trug kurze Hosen und weiße Strümpfe, einen dunklen Rock, ein Leibchen voll Silberknöpfe, Schnallenschuhe und Bauchbinde, dazu einen breiten Hut auf dem verlarvten Kopf. Der Egetmann wurde mit lautem Jubel empfangen. Als Ehrenwache hatte der Egetmann vier Schützen mit geschultertem Schrotgewehr, in dessen Läufen ein Buchsbaumbuschen stak. Auch der Egetmannschlitten wurde von sechs Burschen an einem Seil mit Querhölzern gezogen. Es folgten vier Männer, die immer unter den längsten ausgesucht wurden. Sie trugen lange weiße Hemden, hohe weiße Kappen und hatten ein recht gruseliges Aussehen. Das waren die "Toat". In den Händen hatten sie hölzerne Schlangenzangen, die spiralförmig bis zu sechs Meter in die Höhe schossen. Neugierige Fenstergäste waren die Opfer der Toat. Wenn die Musik spielte, klapperte sie mit ihren Instrumenten den Takt dazu. Der wilden Musik folgten die "Zaggler", die, je "schiacher" umso "schianer" waren. Sie rußten die Frauen an. Scherenschleifer, der Kaminspatz, der Doktor hoch zu Roß, der den ächzenden Patienten mit der Wurstmaschine klistierte, und Handwerker wechselten in bunter Folge. Den Schluß bildete der "Buijatzl", der Bajazzo. Besondere Beachtung verdient die Nalser "Fema", eine fratzenhafte Hexe. Dieses Altweibermensch war in zerlumpte, verkehrt getragene Kleider gehüllt und trug ein großes Kopftuch. Ihr Gang war schwerfällig, denn vorne auf der Brust trug sie einen Ruckkorb mit zwei Löchern, durch die sie die Arme hindurchstreckte, so daß sie beim Umfallen weich auffiel. Selbstverständlich ging es auch in Nals nicht ohne "Verkünden" ab. Der "Capo", ein langer Mensch, leierte von einer Mauer herab sein altes Sprüchlein. Währenddessen ruhten die andern Fastnachter nicht. Sie streuten Sand aus, rußten das Weibsvolk an, nähten ihnen die Röcke zusammen, "schossen" mit den Schlangenstangen, und der Egetmann eggte. Der Hanswurst aber stand beim Verkünder und mußte Gegenrede stehen:
Verkünder: Der Egetmann ist a Mann ohne Tadel.
Hanswurst: Er hat koa Boan und koan Unz Fleisch am Wadel.
Verkünder: Er hat an Acker ohne Grund.
Hanswurst: und a Wiesn mit Stoan gedungt.
Und so ging es weiter bis beide fertig waren und alle zu tanzen anfingen. Die Alten waren fest davon überzeugt, daß ohne Egetmannumzug kein gutes Jahr zu erwarten sei.
Referenzen
Friedrich Haider: Tiroler Volksbrauch im Jahreslauf, Innsbruck/Wien/München 1968, S. 267f.

