Sagra dei Gigli
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jährlich
Festausübung
aktuell
Allg. Festbeschreibung
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Beschreibung
Legendärer Anlass des Festes
Die "Sagra dei Gigli" (= Kirchweih der Lilien) in Nola, eines der spektakulärsten Feste in ganz Italien, geht auf eine lokale Legende zurück: Deren Hauptfigur ist ein im kulturellen Gedächtnis der campanischen Stadt sehr wichtiger Bischof: Paolino di Nola. Geboren in Bordeaux im Jahr 353, wirkte Panzio Meropio Anicio Paolino, wie er eigentlich hieß, als Senator, Konsul und Gouverneur (senatore, consule e governatore) in verschiedenen Zentren der Campania. An einem bestimmten Punkt seines Lebens verschenkte er seinen gesamten Besitz an die Bedürftigen und begann ein neues Dasein in persönlicher Armut als Priester. Nach einiger Zeit wurde er in das Amt des Bischofs von Nola berufen. Als dann - so die Legende - die Vandalen in Nola einfielen und die Stadt plünderten, wurden viele Einwohner gefangen genommen und als Sklaven nach Afrika deportiert. Unter diesen war auch der Sohn einer armen Witwe, die den Bischof Paolino bat, sich dafür zu verwenden, dass der Sohn zuhause bleiben dürfe. Der Bischof, von der Bitte der Frau gerührt, bot sich den Vandalen deshalb im Austausch gegen den jungen Mann selber als Sklave an. Der König der Vandalen akzeptierte den Wunsch, verschleppte Paolino nach Afrika und beschäftigte ihn dort als Gärtner in seinem Palast. Paolino lehrte die Barbaren die Geheimnisse des Gartenbaus, auch die Aufzucht von Pflanzen außerhalb ihrer eigentlichen Jahreszeit, um den Ernteertrag zu steigern. Zugleich wirkte er als Wundertäter und Prophet. Auf diese Weise gewann er nach und nach die Sympathie des Vandalenherrschers, so dass dieser sich eines Tages entschloss, Paolino freizulassen und ihm die Heimkehr nach Nola zu gestatten. Als sich dort die Nachricht von seiner Rückkunft verbreitete, eilten die Einwohner zum Hafen, und um ihren Bischof festlich zu empfangen, sammelten sie alle Lilien, die sie finden konnten und bildeten damit ein Spalier.
Die Legende schildert zwar keine authentische Begebenheit, sie hat aber doch zwei reale Anknüpfungspunkte. Paolino ist eine historische Person und war wirklich Bischof von Nola. Ebenso fielen die Vandalen tatsächlich in die Stadt ein. Freilich datiert der Vandalenangriff erst ins Jahr 455, liegt also gut zwanzig Jahre nach Paolinos Tod. Mit der legendären Verknüpfung der Ereignisse wurde später schlicht die volkstümliche Verehrung des populären Bischofs gesteigert. Im heutigen, christlich geprägten Fest sieht die Wissenschaft eine Transformation ursprünglich paganer Riten, die wohl mit der Sommersonnwende zusammenhingen.
Heutiger Ablauf
Das Fest findet jedes Jahr am Sonntag nach dem 22. Juni statt. Die Lilien (i gigli), die die Einwohner von Nola der Legende nach zum Hafen gebracht haben sollen, um den Bischof Paolino bei seiner Rückkehr aus Afrika zu empfangen, werden heute dargestellt durch acht enorme Türme (campanili), von denen jeder 20 bis 25 Meter hoch ist und mehr als 50 Doppelzentner wiegt. Sie sind alle in unterschiedlichen Architekturstilen gestaltet. Die Zahl acht ergibt sich aus der Anzahl der traditionellen Handwerkerzünfte (associazioni di mestieri tradizionali) der Stadt, die für die Durchführung der Sagra dei Gigli verantwortlich sind. Die Konstruktion eines einzigen "giglio" erfordert nicht weniger als 10 Monate Arbeit. Das Holzgerüst besteht aus einem zentralen Stamm, der von Querstreben und vertikalen Stützen umgeben ist. Das ganze Turmgebilde ruht auf einer Plattform mit vier Füßen. Besonders aufwändig und kunstvoll ist die Ummantelung ("il vestito") gefertigt. Sie besteht aus Panelen mit Holzschnitzereien, die Episoden aus dem Leben des Heiligen zeigen. Kunstmaler sorgen für die farbige Gestaltung der acht "gigli", ebenso kümmern sie sich um die "barca", eine Art Schiff, auf dem die Statue jenes Afrikaners steht, der Paolino bei seiner Rückkehr nach Nola das Geleit gegeben haben soll. Auf der unteren Plattfom jedes "giglio" stehen die Musikanten, welche die Tänze und die Bewegungen des "giglio" begleiten. Die Sagra dei Gigli beginnt morgens um acht Uhr. Zu diesem Zeitpunkt setzen sich die acht hölzernen Türme von verschiedenen Punkten der Stadt aus in Bewegung. Jeder einzelne wird gestützt von einer Gruppe ("una paranza") von 150 Männern, die den "giglio" mitsamt den darauf postierten Musikanten fortbewegen und die sogar in der Lage sind, ihn zum "Tanzen" zu bringen ("far cullarlo") - und zwar bis in die entlegensten Winkel der Stadt hinein. Mittags um ein Uhr finden sich alle acht "gigli" und die "barca" auf der Piazza del Duomo ein, wo sie den Segen empfangen. Anschließend geht das Fest noch bis tief in die Nacht hinein weiter.
Referenzen
Gianni Rizzoni u. a. (Hrsg.) : Tradizioni e feste poplari in Italia, Milano 1998.



