Schellenschlagen

Sistrans

Innsbruck

Tirol

Österreich - Austria

Dieses Jahr

04.03.2025 (Fastnachtsdienstag) - 04.03.2025 (Fastnachtsdienstag)

Nächstes Jahr

17.02.2026 (Fastnachtsdienstag) - 17.02.2026 (Fastnachtsdienstag)

Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Geografie

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von maps.google.de zu laden.

Inhalt laden

Ort

Sistrans

Kreis

Innsbruck

Region

Tirol

Staat

Österreich - Austria

Beschreibung

In Sistrans, einer Gemeinde des südöstlichen Mittelgebirges bei Innsbruck in Tirol, wird der Brauch des „Schellenschlagens“ am Faschingsdienstag Nachmittag ausgeübt und bildet den Ausklang der Fasnacht. Das Schellenschlagen besteht allgemein darin, dass sogenannte „Schellenschlager“ in Gruppen, meist in Zweierreihen oder im Gänsemarsch und geleitet von einem „Vortänzer“ oder einer „Hexe“, von Haus zu Haus oder umzugsartig von einem Platz zum nächsten schreiten und auf das Kommando der in Sprüngen sich vorwärtsbewegenden Führungsmaske gleichzeitig ihre Schellen zum Klingen bringen („schlagen“). Die Formen der Schellen, die Art und Weise, wie man sie am Körper befestigt oder trägt, und die Kostümierung der Schellenschlager variieren von Ort zu Ort. Das Schellenschlagen ist im Raum Innsbruck und im Inntal bis Schwaz verbreitet, nämlich in Amras, Igls, Patsch (Schellenschlagen der Frauen seit 1958!), Aldrans, Lans, Sistrans, Ellbögen und im Inntal zwischen Völs und Schwaz in fast jedem Ort.

Geschichte und Ursprung
Wie lange dieser Brauch im Dorf Sistrans, wo ansonsten in der Fasnacht der Fasnachtsverein „Sistiger Huttler“ mit den Masken Hexe, Zaggeler, Weißer, Spiegeltuxer und Bujazl (alle mehrfach besetzt) aktiv ist, ist nach derzeitigem Wissensstand ungeklärt. Vermutlich ist der Brauch seit etwa 50 Jahren in der heutigen Form gängig. Dass aber das Schellenschlagen in Sistrans als Teil des sogenannten „Schiangians“ (Schöngehens) auch früher bereits eine Rolle spielte, belegt eine Äußerung Anton Dörrers, der – sich auf ältere Quellen stützend – im Jahr 1949 festhielt: „In Sistrans werden die Schellen am Rücken getragen, fehlen auch die Hexe und der Bär nicht und geht man schon vor der Fasnacht in Masken. Die Burschen ziehen jedoch meist in benachbarte Dörfer, musizieren und tanzen in den Häusern und halten ihre Masken vor dem Pfarrer geheim. Sie heißen ihren Umzug ‚schön gehen“ (Dörrer 1949, S. 354).
Der Zweck des Schellenschlagens ist nicht bestimmbar. Oft hört man die Behauptung, es handle sich dabei um ein rituelles „Ausläuten“ des Winters oder „Vertreiben von Dämonen.“ Wie die Fasnachtler ihre Bräuche deuten und mit Sinn erfüllen, sei ihnen unbenommen. Es existiert allerdings kein historischer Beweis dafür, dass die Winter- oder Dämonenvertreibung der Grund für das Schellenschlagen sei. Die älteste Schilderung des Schellenschlagens in den Dörfern des Südöstlichen Mittelgebirges, des Wipptals und Unterinntals stammt vom Tiroler Heimatkundler und Gelehrten Ludwig von Hörmann (1837–1924) aus dem Jahr 1893 und ist frei von Spekulationen. Hörmann hebt die Originalität des Brauches hervor, „der mehr den Charakter einer religiösen Fastenceremonie als den eines Faschingsscherzes trägt“, beschreibt die damals üblichen Kostüme und das „eigenthümliche“, in langsamem Takt sich fortbewegende Hopsen, ähnlich dem pathetischen Schritt bei theatralischen Krönungszügen“ (Hörmann 1893, S. 272f.).

Gegenwärtige Ausübung
Heute beteiligen sich am Schellenschlagen in Sistrans jene Männer des Dorfes, die am Faschingsdienstag Lust und Zeit dazu haben. Einige sind auch Mitglieder des Huttler-Vereins und jeder verfügt selbst über Kostüm, Larve und Schelle. Bei den Schellen handelt es sich um Froschmaulschellen der Glockengießerei Grassmayr in Innsbruck oder der Glockenschmiede Stubai. Die Schellen werden rückständig umgehängt und sind mit einem Griffstiel ausgestattet, und zwar so, dass man sie beidhändig zum Klingen bringen kann. Die Larven stammen überwiegend von Klaus Farbmacher (geb. 1946) aus Sistrans, einem der bekanntesten Fasnachtslarvenschnitzer der Umgebung.
Am auffälligsten an den Kostümen sind die mit Blumenmuster versehenen blauen und roten Hosen und die Kopftücher. Zur Ausstattung gehören auch breite Gurte, vermutlich entlehnt von den Schützentrachten. In viele Gurte ist die Jahreszahl 1956 eingestickt. Sie erinnert an die Wiedergründung des Sistranser Schützenvereins in jenem Jahr.

Ablauf
Den Schellenschlagern (in Zweierreihe) voran geht eine „Hex“ mit erhobenem Besen. Sobald es ans Schellen geht, vollführt die „Hex’“ ihre grotesken Sprünge. Nach jedem Sprung schellen die Schellenschlager. Gegen Ende jeder Aufführungen bilden sie um die „Hex“ herum nach und nach die Formation eines Kreises. Am Schluss schellen alle gleichzeitig.
Die Stationen der Schellenschlager – etwa 13 oder 14 Häuser im Unterdorf – sind vorherbestimmt und immer dieselben. Die Runde beginnt um ca. 14 Uhr und endet um etwa 17.30 Uhr im Gasthof Post. Bei den Stationen handelt es sich um Bauernhäuser oder ehemalige Bauernhäuser bzw. Neubauten an Plätzen, an denen noch vor einigen Jahren noch Bauernhöfe standen. Auch die Gasthäuser Glungezer und Post zählen zu den Stationen.

Referenzen

Thomas Nußbaumer: Fasnacht in Nordtirol und Südtirol. Von Schellern, Mullern, Wudelen, Wampelern und ihren Artgenossen, Innsbruck 2010.