Colomansritt
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jährlich
Festausübung
aktuell
Geografie
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Region
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Beschreibung
Nordöstlich von Schwangau erhebt sich inmitten der weiten Ebene zwischen Forggensee und Tegelberg einsam die Kirche St. Coloman. Schon im ausgehenden Mittelalter stand hier eine dem heiligen Coloman geweihte Kapelle. Diese dient, überformt und neu gestaltet, dem 1673 bis 1678 angebauten Kirchenschiff als Sakristei. Baumeister und Stukkateur war der große Wessobrunner Johann Schmutzer.
Trotz der Lage abseits von Schwangau und abseits der Straßen, die noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts entweder nicht existierten oder aber anders verliefen als heute, war St. Coloman stets ein vielbesuchter Ort und jahrhundertelang Ziel einer blühenden Wallfahrt. In unseren Tagen sind es weniger um Hilfe für Mensch und Tier bittende Gläubige, die hierher kommen, als vielmehr heiratswillige Paare und kunstbegeisterte Touristen. Einmal im Jahr war und ist die Kirche Schauplatz eines farbenfrohen, barocken Festes, eines Brauches, der mit Sicherheit Jahrhunderte zurückreicht und den weder schlechtes Wetter noch Krieg je unterbrachen, dem allenfalls einmal eine Viehseuche eine Pause aufzwang.
Am Colomanstag reiten nämlich die Schwangauer Bauern auf prächtig herausgeputzten, ungesattelten Pferden zur Kirche. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war es außerdem üblich, an diesem Tag auch das Vieh auf die Felder rund um die Kirche zu treiben: Mensch und Tier sollten gleichermaßen an der heiligen Handlung teilnehmen. Zu Ehren des Patrons St. Coloman wurde in der Kirche ein feierliches Levitenamt zelebriert; anschließend trat der Ortsgeistliche von Waltenhofen zusammen mit seinem Konzelebranten - dem Benefizianten von Schwangau und dem Guardian des Füssener Franziskanerklosters - vor die Kirche, um die vor dem Portal aufgereihten Pferde, stellvertretend für den Viehbestand der Gemeinde, zu segnen. Nach der Pferdesegnung begann der eigentliche Colomansritt.
Dreimal wurde die Kirche umritten, und jeder Umritt erfolgte in einer anderen Gangart: zuerst im Schritt, dann im Trab und der dritte Umritt im Galopp.
Dieses archaisch wirkende Ritual erhielt nur insofern einen christlichen Anstrich, als dem Reiterzug drei Kutschen voranfuhren. In der ersten saß der Pfarrer mit seinen Konzelebranten, in der zweiten die Ministranten, während die dritte Kutsche dem Bürgermeister, Dorfhonoratioren oder Ehrengästen vorbehalten blieb. Hatten die Reiter die Kirche zum dritten Mal, im Galopp, umrundet, begann ein wildes Wettreiten quer durch die Felder zurück zum Dorf, ein Schauspiel, das das Umreiten der Kirche an Wucht und Urtümlichkeit noch übertraf.
Heute findet der Colomansritt am zweiten Oktobersonntag jeden Jahres statt. Die Teilnahme von ausnahmslos mehr als 200 Pferden, und eine in der Regel 10000 Köpfe zählende Zuschauermenge erfordern besondere Vorkehrungen und Sicherheitsmaßnahmen.
So nehmen die Reiter bereits in Schwangau Aufstellung. Begleitet von der Schwangauer Musikkapelle ziehen die Reiter über Tegelbergstraße und Colomanstraße (die früher "Fürstenstraße" hieß, weil sie nach Hohenschwangau führt) zur Kirche. Bei schönem Wetter wird das Hochamt auf einem Altar vor der Kirche zelebriert. Das Miteinander von Mensch und Tier vermittelt für kurze Zeit das friedliche Bild einer heilen Welt. Infolge der zahlreichen Pferde muß beim Ritt um die Kirche der Kreis sehr weit gezogen werden. Kein Zug von Reitern umrundet in geringem Abstand die Kirche wie in früheren Zeiten, sondern ein riesiger Ring von Reitern in Dreier- oder Viererreihen bewegt sich gemächlich um das Gotteshaus. Das Wechseln der Gangarten ist hierbei ebenso wenig möglich wie das Wettreiten zurück nach Schwangau. Wohlgeordnet wie auf dem Weg zur Kirche ziehen die Reiter zurück zum Dorf. Unverändert geblieben aber ist der Stolz der Schwangauer, ihre Pferde besonders schön zu schmücken. Bereits im Morgengrauen werden die Felle gestriegelt, Schweif und Mähne gestrählt, flicht der Reiter bunte Bänder zusammen mit den letzten Blumen aus dem Garten in Mähne und Schweif. Traditionsgemäß wird dem Tier kein Sattel aufgelegt. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, das der Bauer das Pferd nur als Zugtier benützte und nicht als Reittier, in der Regel also keinen Sattel besaß.