Johanneswein

Der Apostel Johannes stellte seit eh und je eine wichtige Heiligenfigur innerhalb der sakralen Volksfrömmigkeit auch in Ungarn dar. An den Tag des Evangelisten knüpfte sich u. a. der Brauch der Weinweihe, der Ungarn durch die Vermittlung der Prämonstratenser erreicht hatte. In Ungarn blieb der Brauch v. a. in Weingegenden teilweise noch bis zur zweiten Hälfte des 20. Jh. erhalten.

An den Tag banden sich zahlreiche abergläubische Brauchhandlungsvarianten: In der südwestungarischen Ortschaft Göcsej hat man Johanneswein in ein Fass abgefüllt. Den Wein gab man kranken, (geistig) "verwirrten" Menschen (sogar Kindern). Wenn das Vieh "verwünscht" war, vermischte man den Wein mit Wasser und goss ihn dem kranken Tier kreuzförmig auf den Rücken.

Wenn der Winzer in Göcsej seinen Keller abschloss, bat er um den Segen des St. Johannes:
"Szent János áldása maradjon a hajlékon is, meg az elmenőkön is!"

Geschichte:
In der Stadt Esztergom ist bereits im 15. Jahrhundert die Weihe des Weines am dritten Tag nach Weihnachten überliefert ("benediction vini seu amoris Sancti Johannis tertio die post Domini nativitatem"). Eine gemischtsprachige Textstelle aus einer Urkunde aus dem Jahr 1545 erwähnt den gängigen ungarischen Ausdruck für den Kelch Johannes' (áldomás): "poculum Sancti Johannis, quod lungua vernacula áldomás vocatur".

Der Volksbrauch der Weinweihe nimmt auf das Evangelium Bezug, u. a. zur Frage Jesu, ob die Jünger bereit wären, seinen Kelch auszutrinken.