La Fête des Gayant

Douai

Nord

Hauts-de-France

France - France

Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

Geografie

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von maps.google.de zu laden.

Inhalt laden

Ort

Douai

Kreis

Nord

Region

Hauts-de-France

Staat

France - France

Beschreibung


In der Stadt Douai im Departement Nord in der Region Nord-Pas-de-Calais findet alljährlich an demjenigen Sonntag, der dem 6. Juli am nächsten liegt, "La Fête des Gayant" statt. Das Wort "Gayant" stammt aus dem pikardischen Dialekt (vorherrschend in den Regionen der Picardie und dem Nord-Pas-de-Calais) und bedeutet "Riese".

Ablauf:
Am Festsonntag feiern die Einwohner von Douai ihre Riesen. Um 9.00 Uhr wird die Familie Gayant - die Rieseneltern, Gayant und Marie Cagenon, und die Riesenkinder, Jacquot, Fillon und Binbin-, im Rathaus der Stadt empfangen. Der Bürgermeister und weitere Repräsentanten der Stadt heißen die Riesen herzlich willkommen. Mit einer Rede erklärt der Bürgermeister offiziell das Fest für eröffnet. Dann führt die Familie der Riesen vier Tänze auf. Danach trennen sich die Eltern und die Kinder, um die verschiedenen Stadtteile zu besuchen. Pünktlich um 15.00 Uhr beginnt der Umzug, bei dem sich die Gigantenfamilie wieder zusammenfindet. Zwei Stunden zieht die Familie Gayant, gefolgt von folkloristischen Gruppen, durch die Straßen der Stadt. Die Familie Gayant wird bei ihrem Umzug vom "Sot des canonniers" und von der "Roue de fortune" begleitet. Der "Sot des cannoniers" ist eine Art Steckenpferdreiter, der vor den Riesen herhüpft und herumwirbelt. "La Roue de fortune" ist eine Art Triumphwagen in der Art der Schaugefährte, wie sie besonders im 17. Jahrhundert kreiert wurden. Auf ihm ist ein großes Glücksrad befestigt, entsprechend der traditionellen Glücksrad-Ikonographie. Es wird von der Dame Fortune, der Allegorie der Fortuna, in Schwung gehalten und hat eine solche Größe, dass sich auf ihm reale Personen bewegen.

Die Dimensionen der Protagonisten des Riesenfestes sind beeindruckend: Das Riesenpaar wird von je sechs Trägern transportiert, denn Gayant wiegt 370 kg und Marie Cagenon 250 kg. Die Kinder wiegen 80 kg, 70 kg und 45 kg und brauchen deshalb jeweils nur einen Träger. Unter den Trägern gibt es zwei Schlüsselpositionen, den "chef de lunette" und den "brigadier-arrière", welche die Gruppe der Träger dirigieren. Der "chef de lunette" ist der einzige unter den Trägern, der aus 1,60 Metern Höhe aus der Verkleidung der Riesen hinausschauen kann. Er lotst seine Begleiter. Zudem gibt es zwei Protokollchefs, von denen sich der eine um das Ehepaar Gayant und der andere um die Kinder der Familie kümmert. Protokollchef ist die höchste Hierarchiestufe, die ein Träger erreichen kann. Die Protokollchefs sind zuständig für das Funktionieren des Umzugs, vor allem für den richtigen Weg, für die Korrektur von Unstimmigkeiten, das Signal zum Tanz des Rigaudon etc. Zum Tanz des Rigaudon drehen sich sowohl die großen als auch kleinen Riesen so schnell wie möglich um die eigene Achse. Der Höhepunkt ist die Gegenüberstellung des Ehepaars für den Kuss. Während der Zeremonie des Tanzes bitten dreiundzwanzig Sammler die Zuschauer um Spenden, die dann unter der Gruppe der Gayant aufgeteilt werden.

Geschichte:
Der Ursprung des Riesenumzugs liegt im 15. Jahrhundert, als Douai unter der Herrschaft der Herzöge von Burgund (Bourgogne) stand: Am 16. Juni 1479, am Tag der heiligen Maurand, der Schutzpatronin der Stadt, versuchte der französische König Ludwig XI., Douai zu erobern. Der Versuch misslang, und Douai war gerettet. Die Einwohner glaubten nicht an einen Zufall, sondern machten die schützende Intervention ihrer heiligen Schutzpatronin für die Verschonung ihrer Stadt verantwortlich. Die Stadtoberhäupter beschlossen daraufhin, eine Prozession mit den Gebeinen der Heiligen durchzuführen, um Gott und der Heiligen für die Rettung zu danken. Auf Beschluss der Stadtoberhäupter, der Geistlichkeit und der Bruderschaft von Saint-Maurand feierte die Stadt das Scheitern der Franzosen dann immer am 16. Juni mit einer Prozession zu Ehren ihrer Beschützerin. Nach dem Damenfrieden von Cambrai von 1529, dem Verzicht der französischen Krone auf alle Ansprüche in Italien, Burgund, Flandern und Artois also, kam Wohlstand in die Stadt Douai. Damit veränderte sich auch das Bild der Prozession. Städtische Innungen und Zünfte kreierten Wagen mit allegorischen, biblischen oder mythischen Darstellungen, die die religiöse Prozession begleiteten. In dieser Zeit wurde auch die Riesenfigur Gayant von der Zunft der Korbwarenfabrikanten erschaffen. Gayant war zunächst ein Symbol für die kleine Gruppe der Korbwarenhersteller und noch nicht Wahrzeichen für die ganze Stadt. Mehrere Legenden umgeben die Gestalt des Gayant. Vor allem als Beschützer der Stadt wird er in vielen Legenden erwähnt. Gayant hatte schon immer ein kriegerisches Aussehen, aber die Hoheitszeichen variierten im Lauf der Jahrhunderte mit den Ereignissen der Stadtgeschichte. Zur Zeit Ludwig XIV. war der Brustpanzer des Riesen mit der Sonne des Sonnenkönigs geschmückt, und nach der Französischen Revolution trug er die Kennzeichen der Republik, besonders die Revolutionsschärpe in den Farben der französischen Trikolore. Heute gleicht sein Aussehen einem mittelalterlichen Krieger, dessen Rüstung mit einem roten Umhang bedeckt ist, und seinen Brustpanzer ziert das heutige Stadtwappen.

Bereits seit 1531 wird Gayant von einer ebenfalls riesenhaften Gattin begleitet, die damals von der Zunft der Obsthändler entworfen wurde. Die drei Kinder kamen im Laufe des 18. Jahrhunderts hinzu. Die ganze Riesenfamilie ist in das soziale Gefüge der Stadt eingegliedert worden und diente schließlich als eine Art Vorbild für bürgerliche Ideale der Stadtbevölkerung. Mit dem Sieg Ludwig XIV. im Jahre 1667 wurde Douai französisch und der geistlichen Obhut der Bischöfe von Arras unterstellt. Einer von diesen verfügte schließlich 1771 im Geist der Aufklärung die Aufhebung des 16. Juni als kommunalen Feiertag von Douai und ordnete die Verschiebung der Prozession auf denjenigen Sonntag an, der dem 6. Juli am nächsten liegt. "La Fête des Gayant" von Douai machte, wie viele andere, die Veränderung von einem religiösen Fest zu einem profanen Fest durch. (vgl. auch "la ducasse" in Ath).


Ähnliche Feste finden auch in den belgischen Städten Ath, Brüssel, Dendermonde, Mechelen und Mons, sowie in den französischen Städten Cassel, Pézenas und Tarascon statt.

Das Fest wurden 2005 in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit (Intangible Cultural Heritage of Humanity) aufgenommen.

Referenzen

Beatrice de Villaines/Guillaume d'Andlau: Les fêtes retrouvées. Tournai 1997.