La Tarasque

Tarascon

Bouches-du-Rhône

Provence-Alpes-Côte d'Azur

France - France

Dieses Jahr

29.06.2024 (ltz. Wochenendsamstag im Juni)

Nächstes Jahr

29.06.2025 (ltz. Wochenendsonntag im Juni)

Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

Geografie

Ort

Tarascon

Kreis

Bouches-du-Rhône

Region

Provence-Alpes-Côte d'Azur

Staat

France - France

Beschreibung

Ablauf:

Am frühen Samstagmorgen des letzten Wochenendes im Juni zieht ein großer Teil der Einwohnerschaft von Tarascon als Ritter, Bauern samt ihren Tieren, als Komödianten, Gaukler und Bettler durch die Strassen der Stadt Richtung Kirchplatz. Dort versammeln sich alle und drängen sich um die Geistlichkeit der Stadt, die den Reliquienschrein der Heiligen Martha ins Freie gebracht hat. König René und Königin Jeanne, dargestellt von zwei ausgewählten Bewohnern, wenden sich mit einer Rede an ihre Mitbürger und laden sie ein, sich mit ihnen heute und für immer zu freuen. Der Pfarrer erinnert an die Wunderlegende der Heiligen Martha und verweist dabei vor allem auf den Sieg der Liebe über das Schlechte. Zum Abschluss des festlichen Samstagmorgens findet ein großes Bankett statt, das von den Gastwirten der Stadt vorbereitet wird. Begleitet wird das Bankett in den Straßen von Tarascon von Musikern und Tänzern, die das mittelalterliche Flair des Festes aufleben lassen.

Am Sonntag feiert die Stadt die Ankunft ihres legendären Helden Tartarin. Alphonse Daudet (frz. Schriftsteller 1840-1897) erzählt dessen Geschichte in den Büchern „Die wunderbaren Abenteuer des Herrn Tartarin aus Tarascon“. Die Figur des Tartarin ist heute ein fester Bestandteil der Festivitäten der Tarasque. Tartarin repräsentiert eigentlich einen leidenschaftlichen Jäger. Mangels wilder Tiere in der Umgebung von Tarascon wird er jedoch zum Mützenjäger, der es auf die Kopfbedeckungen der Festbesucher abgesehen hat und diese durchlöchert. Die Jagd auf die Hüte ist fester Bestandteil seiner Rolle, und die Menschen von Tarascon empfinden es als Ehre, Kopfbedeckungen zu tragen, die von ihrem Helden durchlöchert wurden. Der Erzählung nach beschließt Tartarin eines Tages kurzerhand, nach Afrika zu reisen, wo er Gegner zu finden hofft, die seiner würdig sind. Nachdem er dort angeblich tolle Abenteuern vollbracht hat, kehrt er zurück. Diese Episode seiner Vita wird im Verlauf der Tarasque ebenfalls nachgespielt: Mit einem prachtvollen Empfang feiern die Einheimischen die Rückkehr ihres Helden am Bahnhof von Tarascon. Ihm zu Ehren findet eine Messe in der Kirche zur Heiligen Martha statt. Danach zieht der Festzug mit den Freunden des Tartarin sowie dem König und der Königin zum Rathaus. Von dessen Balkon herab halten der Bürgermeister und Tartarin Reden, in denen sie die Abenteuer aus der romanhaften Erzählung von Daudet mit den realen Ereignissen der Vergangenheit und Gegenwart vermischen, die in Tarascon geschehen sind und geschehen. Nachmittags zieht ein großer Festzug durch die Stadt, bestehend aus folkloristischen Gruppen, altertümlichen Pferdewagen, Viehhirten und Stieren. Für die Organisation sind seit jeher die Ritter der Tarasque (frz. Bezeichnung!) zuständig, die ihr kontrollierendes Augenmerk darauf richten, dass „La Tarasque“ nicht als weltlicher Klamauk, sondern angesichts der Verbindung mit dem Kult der heiligen Martha als frommes Spiel begangen wird.

Geschichte:

Der Ursprung der „Tarasque“ ist, wie bereits angedeutet, eine religiöse Legende, die in biblischer Zeit spielt: Nach der Himmelfahrt Christi soll es einige Anhänger Christi, darunter auch die Heilige Martha, nach Gallien verschlagen haben. Die Heilige Martha sei, so die Legende, dem Flusslauf der Rhône gefolgt und habe so die Stadt Tarascon erreicht. Die Ebene von Tarascon, also das Gebiet von Avignon bis zum Meer , war eine von Teichen und Wäldern umgebene Sumpflandschaft. Aus diesem Grunde wurde Tarascon regelmäßig von Überschwemmungen heimgesucht. Die Einheimischen machten dafür ein in den dunklen Wäldern lebendes Monstrum verantwortlich. In ihren Vorstellungen nahm dieses Ungeheuer, eben „La Tarasque“, halb die Gestalt eines Landtieres, halb die eines Fisch an, war dicker als ein Ochse, größer als ein Pferd und hatte Zähne so scharf wie Schwerter und so dick wie Hörner. Zudem schützte die Bestie ein Schildkrötenpanzer mit Stacheln. Die Heilige Martha, die für ihre Wunderkraft bekannt war, wurde von den Einwohnern um Hilfe gegen das Monster angerufen. Nur mit einem Kreuz in der Hand, mit Weihwasser und mit der Unerschütterlichkeit ihres Glaubens sei Martha in den Wald gegangen und habe „La Tarasque“ dort gebändigt. Den Einwohnern von Tarascon soll dabei auf wundersame Weise die Kraft zugewachsen sein, das Ungeheuer vollends zu vernichten. Die Kirche deutet das Ereignis heute als Triumph des Christentums über das Heidentum, das in der Mentalität der Leute noch lange verankert war. 1474 soll sich König René, Graf der Provence und König von Neapel, entschlossen haben, die fromme Legende der heiligen Martha mit den zu seiner Zeit bereits bestehenden weltlichen Spielen der Zünfte zu verbinden und ein spektakulären Fest – eben „la tarasque“ – daraus zu machen. Angeblich seit dieser Zeit ist „La Tarasque“ eine fixe Größe im Festkalender der Stadt.

Referenzen

Beatrice de Villaines/Guillaume d'Andlau: Les fêtes retrouvées. Tournai 1997.