Säcklestrecken
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Beschreibung
Wenn in der Nachbarschaft oder in der Bekanntschaft ein Schwein geschlachtet wird, nehmen dies oft junge Burschen als Anlass zum Säcklestrecken. In der Finsternis schleichen sie sich am Abend des Schlachttages ans Haus und pochen mit einer Stange an das Fenster, um auf sich aufmerksam zu machen. Die Stange, an der ein Säckchen befestigt ist, lassen sie stehen. Im Säckchen befindet sich der Säcklestrecker-Brief, der meistens in Versform geschrieben ist. Gewöhnlich wird die Familie, die das Schlachtfest feiert und manchmal auch der Metzger, gefoppt. Schließlich ergeht die Bitte, das Säckchen mit Fleisch und Würsten zu füllen. Hier ein Beispiel für einen Säcklestrecker-Brief:
Guten Abend ihr Metzgersleut'.
Wir haben gehört, ihr schlachtet heut'
ein fettes Schwein;
da möchte' ich auch gern dabei sein.
Wir möchten ein Stück Speck
vom Kopf bis zum Wedel hinweg und
ein Rippach,
daß wir können steigen vom Boden bis auf das Dach,
eine Bratwurst, die dreimal um den Ofen rumgeht,
zum Fenster hinaus, zur Türe herein;
das muß eine tapfere Bratwurst sein!
Ein paar Schunken,
damit wir können heimklunken,
und ein paar Grieben, damit wir können unsere Witze ausüben.
ich bins Hans Keck,
und wer herauskommt den bewerf ich mit Dreck.
Selbstverständlich wird der wahre Name nicht preisgegeben. Die Metzgersleut' rätseln, wer wohl den Mut zum Säcklestrecken aufgebracht hat. Das Säckle wird gefüllt und vor die Türe gestellt. Stundenlang schleichen die Säcklestrecker um das Haus herum, um das gefüllte Säckle zu erhaschen. Werden die Säcklestrecker erwischt, müssen sie einiges über sich ergehen lassen. Oft wird ihnen das Gesicht mit Ruß geschwärzt, und schließlich müssen sie mit auf dem Rücken zusammengebundenen Armen unter dem Gespött der Zuschauer Fleisch, Würste und Sauerkraut vom Teller essen.
Referenzen
Dieter Hund: Schwarzwälder Brauchtumskalender. Eigenverlag Ulla Hund. 1989.