Schwert- und Reiftanz

Strasbourg

Bas-Rhin

Grand Est

France - France

Turnus

0

Festausübung

N
erloschen

Allg. Festbeschreibung

Geografie

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Ort

Strasbourg

Kreis

Bas-Rhin

Region

Grand Est

Staat

France - France

Beschreibung


Der Tanz, der 14 Tage nach der Herrenfastnacht aufgeführt wurde, wird in einer Quelle folgendermaßen beschrieben: Die Fechter tanzen mit gezückten Schwertern in der Stadt umher, gewöhnlich unter Vorantritt von "pfifen und trummen". Auf den freien Plätzen, wo sich genug Zuschauer ansammeln können, werden die Figuren des Tanzes vorgeführt. Auch nicht zünftige Bürgersöhne können sich daran beteiligen, nur müssen sie schöne Kleider haben. Das deutet darauf hin, dass die Zunft nicht immer genügend geübte Schwerttänzer hatte. Ein Vortänzer führt den Tanz, der aus mehreren Touren besteht. Die überlieferten Aufführungsjahre scheinen auch darauf hinzuweisen, dass der Schwerttanz nur in bestimmten Zeiträumen (1509 - 1518 - 1538) stattgefunden hat. Die bedeutenden Kosten, die für die Zunftbüchse damit verbunden waren, spielten dabei wohl auch eine Rolle. Der nächste Schwerttanz im Jahre 1541 führte wegen eines Zwischenfalls das vorläufige Verbot herbei.
Eine harmlosere Art des Schwerttanzes war der Reiftanz, wobei die Tänzer statt der scharfen Schwerter ungefährliche Fassreifen schwangen.

Der Autor will den Ursprung des Schwerttanzes schon in der Germania des Tacitus gelesen haben. Die Alemannen und die Franken sollen ihn dann ins Elsaß gebracht haben. Im ausgehenden 13. Jahrhundert hört man in Straßburg vom Schwerttanz als etwas ganz Gewöhnlichem sprechen. So erwähnen die Annalen des Sebastian Brant auf das Jahr 1494 beiläufig, "die Schumacher hant begert inen zu gönnen ein böckel und ein pfiffel den knechten die mit den swertern umdantzen. Zugelossen." Es sind Anträge für den Schwertertanz also auch schon abgelehnt worden. Auch für das Jahr 1482 ist der Maurerzunft das "tanzen um den bock" abgeschlagen worden. Überhaupt scheinen diese öffentlichen Tänze und Zunftumzüge im grobianischen Zeitalter wegen allerlei Ausschreitungen und Roheiten Anlass zu harten Urteilen und Verboten gegeben zu haben. Im Jahre 1466 hatte die Straßburger Polizei den altüberlieferten Fischertanz wegen seiner Ausgelassenheit verbieten lassen. 1518 wird den Schneidern und Schuhmachern auch der Schwerttanz wieder abgeschlagen, den nach den Annalen des Barfüsser Bruders Martin Stauffenberg die Schuhknechte im Jahre 1509 abermals getanzt hatten. Erst im Jahre 1538 lesen wir bei Sebald Büheler wieder vom Schwerttanz. "In disem jar haben die schumacher ein schwerdttanz gehalten und mit itel blossen schwerdtern getanzt in der statt umher, und sonst auch vill burger, welcher lust gehabt, der hat mögen mittanzen, die haben aber nichts angehabt dann allein schöne kleider so gut wie ein jeder hat mögen haben, und hat den tanz gefuert ein schumacher den hat man den Specklin genannt."
Den ersten Reiftanz erwähnt Bruder Martin Stauffenberg 1509. Mehr machte der Reiftanz von sich reden, den die Schneiderzunft im Jahre 1538 aufführte. Um origineller zu erscheinen, hatten die Schneider die Tänzer schwarz wie Mohren angestrichen und nannte ihr Spiel mit dem pompösen Namen "der schneider moreskendanz". Sebald Büheler hat uns eine eingehende Schilderung davon überliefert: " Und sind sie alle schwarz angestrichen gewesen wie die Mohren und schwarz gestrickte hauben uffgehabt und weiße schleier umgebunden, und alle weiße hemder angehabt und mit zwelen umbunden, und schellenband um die knie gehabt und große hübsche reif und alle mit grünem epheu umbunden, und also den morischen tanz durch die ganze statt getanzt, und hat den tanz gefürt meister Philipp Schreyer der Schneider...und ist ir narr gewesen auch ein schneider Hans Menlich. Geschehen uff Montag der Herrenfaßnacht." Ein Streit zwischen Schneidern und Schuhmachern führte 1541 zum Verbot des Schwerttanzes für die nächsten 50 Jahre.
Der angesehenen Kürschnerzunft, welche Kürschner, Pelzhändler und Meistersänger umfasste, war es vorbehalten, den Schwerttanz wieder zu Ehren zu bringen. "In diesem jar 1591 uff die Fastnacht do haben die Kürsner zunftbrüder und sunst etliche burger allhie den Reiff- und Schwerdtanz gehalten, und denselbigen in der Statt umher getanzt, der ist vor 50 jaren von der Schneider- und Schumacherzunft gehalten worden und bisher nicht mehr", meldet Sebald Büheler. Dazu ergänzt eine andere Quelle: "dieser auf offener gass an den vornehmsten orten der Statt, jener aber nachts auf gedachter stub, da ein jeder ein brennendes liecht in einer papierenen latern auf dem Kopf gehabt hatte, gehalten worden." Interessant ist hier die Verbindung des Schwerttanzes mit dem Luzernentanz. Erforderte schon der Schwerttanz allein eine große Kunstfertigkeit, um wieviel mehr Geschicklichkeit musste der Tänzer entwickeln, um das in einer papierenen Laterne brennende Kerzenlicht im Gleichgewicht zu erhalten. Die geringste falsche Bewegung des Kopfes setzte die leichte Papierhülle und die Haare des ungeschickten Tänzers in Brand und kostete außer dem schallenden Spott noch eine Strafe in die Zunftbüchse. Es war der letzte Schwerttanz der alten Reichsstadt. Wegen der Feuergefährlichkeit wurde das Spiel verboten.
Einmal vor dem politischen Umschwung hören wir vom Reiftanz. Im Jahre 1680 "haben die ledigen Küblergesellen auf offener gasse einen Reifftanz presentiert." Er wird von den Küferknechten in den Jahren 1701 und 1715 wiederholt, ein Zeichen, dass die politischen Wogen sich gelegt und Straßburg sich in die Verhältnisse des Königreichs eingelebt hatte. Als Ludwig XV. 1744 Straßburg mit seinem Besuch beehrte, figurierte der Reiftanz sogar unter den offiziellen Veranstaltungen. "Zwanzig Tänzer aus dem Corps der Küfer waren mit weißen Hemden, daran feine Spitzen stunden, bekleidet und mit grünen Kränzen geziert. In der Hand trugen sie gemalte Reifen, damit sie ihre besonderen Tänze und andere Spiele sehr geschickt vorzustellen wußten ... Sie hatten einen Fähnrich, welcher bei dem Fahnen-Schwenken zeigte, daß er diese Kunst vollkommen verstünde, indem er mit deren Hand den Fahnen und mit der andern eine Citrone in die Höhe geworfen, mittlerweile aber mit einer besonderen Geschwindigkeit den Degen aus der Scheide gezogen, mit der Spitze desselben die Citron, und mit der andern Hand den Fahnen aufgefangen, sodann während dem Fahnen-Schwenken zwei Puffer losgeschossen." Die Bäckerzunft führte bei dieser Gelegenheit in kostbarer Gewandung den Schwerttanz auf. Der Reiftanz hat noch einmal eine kurze Auferstehung gefeiert. Mit einem Reiftanz begrüßte man Napoleon I. in den Mauern Straßburgs. Und bei dem großen Festzug bei der Einweihung des Gutenbergdenkmals im Jahre 1840 wurde er zum letzten Mal öffentlich durch die Stadt getanzt.

Referenzen

Alfred Pfleger: Schwert- und Reiftanz in Strassburg. In: Elsaß-Land - Lothringer Heimat, März 1927, S.79-83. undebd., November 1936, S.337f.