Fastnacht
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Beschreibung
Ab dem 6. Januar beginnen die Vorbereitungen für die Fastnacht. Es werden Bälle organisiert und Unterhaltungsprogramme auf die Beine gestellt. Festlichstes gesellschaftliches Ereignis in dieser Zeit ist der Bürgerball der Narrenzunft. Hier erlebt die närrische Versammlung zum erstenmal den Narrensprung: Narrensamen, Hansel, Narro und Schantle haben je eine Abordnung gesandt und sich aufgestellt, um dann im Saal zu wuseln , zu springen und auszuwerfen.
Am Fastnachtssonntag ist Kinderfasnet. Am Rosenmontag ziehen vor allem Schantlespartien durch die Straßen und sagen in den Gasthäusern auf. Das Fastnachtstreiben am Dienstag wird eröffnet mit dem Ruf "D'Kirch ischt aus, Narre - raus!" Im Umzug geht es durch die Straßen: Vorne weg der Narrensamen, dahinter die Stadtkapelle in historischer Uniform, dann die Hansel mit ihren bunten Schirmen und den mit Schnupftabak und Süßigkeiten gefüllten Henkelkörben. Das Hanselkleid ist schlicht zweifarbig: es besteht aus einer weinroten Jacke und einer orangefarbenen Pluderhose und erinnert an die Landsknechtkleidung des 30jährigen Krieges. Hinzu kommen ein weißer Kragen aus handgearbeiteter Spitze, ein buntes Brusttuch und eine Perücke. Die heiter-verschmitzte Maske nimmt sich einen typisierten Landsknecht zum Vorbild. Den Hansele folgen die Narros - eigentlich Weißnarren - die künstlerisch-bunt bemalte weiße Leinenkleider tragen. Auch der Narro trägt, wie der Hansel, über seinem Kleid ein breites, dreigurtiges Geschell. Sein Maskenbild ist zweifältig: es gibt einen Bartnarro und einen bartlosen Narro. Zur Maske trägt der Narro ein Leinenhäubchen, das zum Gesicht mit einem Rosshaarkranz abgeschlossen wird. Über dem ganzen thront ein Hütchen mit einem Busch wippender Hahnenfedern und Frühlingsblumen. Das vielfältigste Gesicht zeigt schließlich der Schantle, wahrscheinlich die älteste der Oberndorfer Fastnachtsfiguren. Ihr ursprüngliches Fleckle- oder Bletzlekleid ist ästhetisiert worden. Was beim Schantle-Kleid früher billiger brauner Rupfen mit aufgenähten Flecken war, ist heute eine teure, schöne Leinwand mit aufgemalten bunten Flecken, dazu ein buntes Dreiecktuch um den Hals, ein ebenso buntes Tuch als Latz. Bei den Masken gibt es drei Grundtypen: den freundlichen und den unfreundlichen Schantle und das Heulerle. Es gibt allerdings innerhalb der Typen eine große Variationsbreite. Einmalig sind nur Polizeischantle und Drecklärvle. Strittig ist heute allerdings immer noch, ob das farblose Drecklärvle überhaupt ein Schantle ist und ob es für ein Männergesicht bestimmt war. Die Schantle werfen Orangen und Würste aus und grüßen mit dem Spruch:
"Der Tag der isch so freudenreich,
die Baura führet Mist
dass der Metzgermeister Häfele
der gröschte Sauhond ist."
Und überall erklingen immer wieder die beiden Fastnachtslieder:
"O jerom o jerom
die Fasnet hot a Loch
han koi Kreuzer Geld em Sack
für ä Päckle Rauchtabak
o jerom o jerom
die Fasnet hot a Loch."
"Jetzt ganget mr halt gar nemme, gar nemme hoim
bis mei Muater Küchle bacht
ond a anders Gsicht na macht,
jetzt ganget mr halt gar nemme, gar nemme hoim."
Beide Lieder sind mit großer Sicherheit alte Heischesprüche, für die es auch heute noch, wenn die Jugend damit einem Kleidlesträger entgegentritt, Wurst, Brezel, Orange oder Süßigkeiten gibt.
Am Dienstagabend, wenn die Nacht einbricht, endet die Straßenfastnacht, und punkt 24 Uhr spielen die Kapellen in den Sälen und Wirtschaften zum letzten Mal den Narrenmarsch.
Geschichte:
Die Zimmerische Chronik berichtet von einem 1502 abgehaltenen Freimarkt, bei dem es zugegangen sei wie bei jenen altüberlieferten grobgünstigen Narrengerichten. Und laut W. Heyd habe es sich auch um ein solches gehandelt.
Erste "ordentliche" Belege für eine Oberndorfer Fastnacht lassen sich dann ab dem 17. Jh. finden. Im Protocollum Monasterii Oberndorffensis von Nikolaus Benning heißt es: 1664 habe die Bürgerschaft auf Aschermittwoch im Hof des Augustinerklosters "nach altem Brauch" die Fahnen geschwungen und Salve geschossen, wofür sie einen Taler bekommen hätten. Den jungen Gesellen habe das Kloster 4 Batzen, den Weibern im Tal ein Laiblein Brot und ein Maß Wein, den Boller Weibern 5 Batzen und zwei Laiblein Brot und den Bochinger Weibern 1/2 Gulden gegeben. Die Bochinger Weiber hätten dem Kloster für das Fastnachtsküchlein 32 Eier gebracht, und die Boller 22 Eier. Wohl um die gleiche Zeit haben die fünf Gemeinden, die zum Kloster gehörten, jährlich das Fastnachtshuhn abgeliefert. Um 1690, berichtet der Stadtchronist, sei die Fastnacht wegen Misswuchses und Teuerung des Weines sehr schlicht gewesen, alle Fastnachtsbräuche, Tanz und Umzug habe man unterlassen. Im Laufe des 18. Jh. wurden die Fastnachtsaktivitäten zunehmend eingestellt. Nur noch vereinzelt habe man auf arme Bürger treffen können, die sich in Verkleidung Lebensmittel erbettelten und das Landvolk zum Dank mit Späßen zu unterhalten versuchten. Erst 1786 wurden auf Anregung eines Fremden die alten Bräuche wiederbelebt. In der Folgezeit gesellt sich neben dem Maskenlaufen, das immer mehr eingeschränkt wird auf die Zeit vom schmutzigen Donnerstag bis Fastnachtsdienstag, dem Possentreiben und Umzügen das Fastnachtsspiel hinzu. 1834 wurde beispielsweise der "Tell" aufgeführt. Bis ins zweite Drittel des 19. Jh. sah dann der Narrenfahrplan regelmäßig so aus: am Sonntag wurde ein Fastnachtsspiel aufgeführt, das sich auf mehreren Schauplätzen entwickelte und mit einem historischen Kostümumzug verbunden war. Am Montag und Dienstag war dann allgemeines Narrentreiben auf den Straßen. Hinzu kommen schon früh im 19. Jh. gesellschaftliche Ereignisse der Vereine und Klubs - geschlossene und öffentliche Bälle, bei denen die Kleidlesträger, wie Schantle, Hansel und Narro nicht beliebt, ja sogar ausgeschlossen waren.
Auf Anregung der großen Faschings-, Karnevals- und Fastnachtsgesellschaften der Großstädte wurde 1908 auch in Oberndorf eine Narrenzunft gegründet, um so die Straßenfastnacht als Hauptereignis wieder in den Griff zu bekommen. Seit 1948 nehmen an der Oberndorfer Fastnacht immer mehr Masken- und Kleidlesträger teil und treiben ihr närrisches Wesen auf den Straßen.
Referenzen
Peter W. Heyd: Oberndorfer Fastnacht. In: Schwäbische Heimat 26/1975. S. 39-44.


