Markustag / Geweihte Ähre
Beschreibung
Der Markustag war in Ungarn in erster Linie nicht etwa mit dem Kult des namensgebenden Evangelisten, sondern hauptsächlich mit der an diesem Tag häufig ausgeführten Weihe der (Weizen-) Ähren verbunden. Der Feiertag stand durch den zeitnahen Georgitag (24. April) stets etwas im Schatten. Den am Markustag geweihten Weizen und Kränzen wurden vielerorts schützende oder gar heilende und stärkende Kräfte zugeschrieben. In vielen Orten legte man daher den "Markus-Weizen" in das Gebetbuch oder man bewahrte ihn an einer anderen besonderen Stelle auf. Man verwendete ihn zur Heilung von Krankheiten oder gab ihn den Tieren zum Füttern. Die an den Markustag geknüpften superstitiösen Vorstellungen und Handlungen sind nur bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts nachweisbar, danach sind sie erloschen. Gleichwohl ist in der letzten Zeit in Ungarn vereinzelt eine Wiederbelebung der Ährenweihe zu beobachten.
Im Palotzendorf Terpes hat man (Weizen-) Ähren oder aus den geweihten Ähren geflochtene Kränze vom Gottesdienst mit nach Hause genommen und im Gebetbuch aufbewahrt. Man hat diesen Weizen später verbrannt und versuchte dabei mithilfe des entstandenen Rauchs Krankheiten zu heilen. Bei den Palotzen war es auch Brauch, dass junge Frauen die Prozessionsfahne bzw. die Jesusfigur mit Weizenkränzen bekränzten. Am Ende der Zeremonie nahmen die Frauen von dem geweihten Saatfeld Weizen für ihr Gebetbuch mit nach Hause. Die Männer befestigten diesen hingegen an ihren Hüten.
Geschichte:
In Ungarn ist die Ährenweihe bereits im Mittelalter nachgewiesen. In dieser Zeit verband sich der Brauch mit einer Prozession, bei der auch Reliquien mitgeführt wurden. Selbst als dann ein großer Teil der Bevölkerung zum Protestantismus übertrat, muss der Brauch noch bekannt gewesen sein, denn der Protestant György Komáromi Csipkés bemerkt z. B. 1674: "Márk napján az vetésekhez is nagy pompásan kimennek és az eő módja szerint megszentelik, jól megtépvén, a ki hozzá férhet". In paraphrasierender Übersetzung etwa: "am Markustag werden die Ähren geweiht, das heißt man geht zur Saat und ein jeder, der sie erreichen kann, rupft ordentlich daran".