Farsangtemetés / Faschingsbegräbnis

Visegrád

Szentendrei

Pest

Magyarország - Hungary

Dieses Jahr

13.02.2024 (Fastnachtsdienstag)

Nächstes Jahr

04.03.2025 (Fastnachtsdienstag)

Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

Allg. Festbeschreibung

Geografie

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Ort

Visegrád

Kreis

Szentendrei

Region

Pest

Staat

Magyarország - Hungary

Beschreibung


Beim Spiel des Faschingsbegräbnisses in Visegrád gibt es die meisten Darsteller verglichen mit anderen Faschingsbegräbnissen der deutschen Minderheiten im ungarischen Pilis-Gebiet. Visegrád ist auch die einzige Ortschaft, wo ein Chor am Faschingsschauspiel teilnimmt. Es gibt zwei Aufführungen: Einmal bei der Hauptprobe und einmal am Faschingsdienstagabend (húshagyókedd este) kurz vor Mitternacht in einer örtlichen Gaststätte.

Darsteller:
Der "Karnevál Herceg" ("Herzog Karneval") - die Verkörperung der Fasching, gespielt von einem Mann - trägt einen kurzen, purpurfarbenen Mantel, eine lila Tunika, eine Papierkrone mit schematischen Abbildungen von Heiligen und um seinen Hals einen goldenen Schlüssel. Der "Bischof" erscheint in einem weißen Priesterhemd und mit einer Bischofsmütze auf dem Kopf. Der "Kantor" trägt einen kleinen, charakteristischen Hut mit einem runden Dach. Die vier Leichenträger treten in kleinen Westchen auf, die nur bis zur Brust reichen, einer von ihnen trägt einen Bergmannshut. Die Witwe und die Klageweiber sind in traditionellen schwarzen Frauentrachten, mit einem typischen Rock und einem großem Tuch bekleidet, in der Hand halten sie Taschentücher. Das Kostüm der Doktoren besteht in einem weißen Kittel und einem schwarzen Zylinder. Einer hält einen Wurstfüller in der Hand. Der jüdische Sargschnitzer trägt eine charakteristische Mütze.

Ablauf:
Das Spiel beginnt mit dem Singen eines Bergmannsliedes durch den örtlichen schwäbischen Frauenchor. (Der Großteil der deutschen Minderheiten in Visegrád waren Bergbauer und es wird angenommen, dass der Brauch des Faschingsbegräbnisses von ihnen stammt.)
Während des Singens tritt der "Karnevál Herceg" auf, dem zwischen den Tanzenden unwohl wird und der daraufhin umfällt. Es steht ein mannsgroßes Brett bereit, worauf man den Körper aufbahrt. Die Doktoren treten auf, untersuchen den "Herzog" und stellen seinen Tod fest. Es ertönt ein "Glockenschlag" - mit einem Hammer wird auf ein Stück Eisen geschlagen. Daraufhin erscheinen die Witwe und die Klageweiber und beginnen, mit höchst zweideutigen Bemerkungen laut zu jammern: "Auch dieses Loch hast du gebohrt, worauf ich jetzt sitze! Du hast immer gearbeitet, gingest von einem "Gewächshaus" ins andere." Inzwischen nimmt der Sargschnitzer das Maß des "Leichnams".
Kantor und Chor treten singend in einen Dialog, die katholische Zeremonie nachahmend: Der Chor stimmt den mehrstimmigen Gesang "Oh, wie schade, dass es vorbei, er war der Ballkönig" an, der Kantor das Lied "Gebrochen steht man vor deinem Grab". Danach kündigt der Kantor an, dass die Vorführung auf allgemeines Verlangen auf Deutsch fortgeführt wird, damit es die "sich Freuende", das heißt die Witwe, nicht verstehen könne. Der Bischof trägt seine Abschiedsrede vor, die seit 1960 die gleiche geblieben ist:

"Unandächtige Zuhörer!
Jetzt haben wir wieder einmal ein Jahr überlebt, wo wir wieder einmal ten goldenen Fasching beendn und begraben wollen für dieses Jahr. Das war nämlich unser Ziel jetzt, dass wir diesen Faschingstoten hiehergebracht haben. Dem Obergauner, den Wirt der ten Leiten die blutigen Kreizer (= alte Währungsform) herausgezogen hat und lacht höhnisch hinter diesem Pult und denkt, 'jetzt könnt ihr mich gern haben, die Gelder hab' ich und nicht ihr.' So ist es auch unserem armen Faschingstoten ergangen, dass er auch seine Gelder hiehergebracht hat und zum Schlusse hat er zum Sieg, dass er vom Katzengifte des Wirten gestorben ist. Und so wollen wir ihn jetzt beerdigen und uns für immer versprechen, dass wir dem Gastwirten, des Obergauners nicht ein Ziel des Sieges sein wern."

Nach der Rede beginnt die Zeremonie, indem der Bischof und der Chor, einander fragend und Antwort gebend, auf kirchliche Melodien singen:

Bischof: "Pist du Bruder Albrecht?"
Chor: "Wir sind drei Brüder und saufen recht."
Bischof: "Soll ich euch singen oder sagen 'Spitzpua'. Pauer wollte nix ins Kloster hereintragen. Es hat sich einer bedacht."
Chor: "Und hat einen Pfennig hereingebracht. Ein Pfennig kling-klang Gloribus und wer die Zech bezahlen muss. Oh Rezah-Rezibus."

Danach stellt der Bischof die Frage "Pist du Bruder Albrecht?" erneut und das Frage-Antwort-Spiel wiederholt sich genauso fünf mal hintereinander, nur die letzte Antwort des Chores erweitert sich kettenartig bei jeder Wiederholung. So singt der Chor beim fünften Mal folgenden Schlusssatz:
"Und hat ein Schwein hereingebracht. Ein Pfennig kling-klang Gloribus, eine Henne tipi-tapi Toribus, eine Ente schlip-schlap Schloribus, eine Gans mit ihrem breiten Fuß, ein Schwein der gab gute Wurst, wer die Zech bezahlen muss. Oh Rezah-Rezibus!"

Heute singt auch der Bischof den immer länger werdenden Refrain mit. Wo man während der katholischen Zeremonie normalerweise ein Kreuz schlägt, wird hier stattdessen immer die Bierflasche erhoben und ein guter Zug daraus getrunken. Dem Gesang folgt die "Kommunion": in einem weißen Töpfchen ist Wein, darein wird die Oblate hineingetaucht. Unter dem Mund der "Gläubigen" stellt man statt eines Tabletts eine Pfanne hin. Während des Singens eines Volksliedes ("Két út van előttem": "Es sind zwei Wege vor mir") trägt man den Toten symbolisch hinaus: man geht mit dem Toten im Raum einmal herum und stellt dann das Brett mit dem Körper unter den Tisch. Daraufhin springt der "Karnevál Herceg" auf und tanzt und scherzt mit den Anwesenden ausgelassen. Auch die anderen Darsteller bleiben im Raum und feiern mit.

Geschichte:
Die Siedlungen der Pilis-Gebirge sind ethnisch gesehen sehr bunt. Es leben dort neben Ungarn und Slowaken vor allem Deutsche. Ihrem Ursprung, ihrer Sprache und ihrer Kultur nach ähneln sich die deutschen Minderheiten im Pilisch-Gebiet. Diese Zusammengehörigkeit spiegelt sich auch in den Bräuchen wider. Demnach kann man im Ablauf des Faschingsbegräbnisses in Visegrád und den anderen Gemeinden des Pilis-Gebietes - zum Beispiel Pilisvörösvár, Dunabogdány, Solymár und Budakalász - gewisse Ähnlichkeiten entdecken.
Heute werden nicht nur alte gemeinsame Bräuche - wie zum Beispiel Fasching und das Faschingsbegräbnis - wieder ausgeübt, sondern auch neue werden erfunden, die aber nur in bestimmten einzelnen Siedlungen gefeiert werden.

Es existiert eine Beschreibung des Ablaufes vom Faschingsbegräbnis in Visegrád von 1960, die auch deutsche Liedtexte enthält. Aufgrund dessen kann man den Brauch von damals mit dem erneuerten Brauch von heute vergleichen. Die gespielten Rollen blieben dieselben, aber heute gibt es weniger Darsteller, denn die deutsche Gemeinschaft ist seither kleiner geworden. Es gibt heute weniger "Priester", "Ministranten", Fahnenträger usw.
Das Faschingsbegräbnis lief 1960 nach der Beschreibung von Margit O. Deisinger folgendermaßen ab:

Am Faschingsdienstag kurz vor Mitternacht kamen die Teilnehmer des Begräbnisses paarweise in die Kneipe hinein. Die Fahnenträger trugen Besen oder Rechen. Die Ministranten hatten zerraufte Haare, offene Hemden und um ihren Hals hing altes Küchenzeug (Vor 1960 ist es vorgekommen, dass die Ministranten eine Maske trugen.) Als Weihrauchkessel diente ein altes Kohlebügeleisen, der Weihwasserbehälter war ein altes Töpfchen. Den Faschingstoten trugen die Totenträger in einem Trog unter einem Bettlaken in die Kneipe. Der Bischof, der von zwei Kantoren begleitet wurde, las die Abschiedsrede vor, die oben bereits zitiert wurde. Auch der Gesang, bei dem der Bischof und der Chor einander Antwort geben, ist heute derselbe wie damals. Während des Gesangs jammerten die Klageweiber ununterbrochen, aber der Tote sagte ab und zu auch etwas, wie zum Beispiel: "Habt' s ten nichts zu saufen?". Am Ende des Spieles wurde der Tote mit Wasser begossen. Nach 1959 wurde er nur noch mit etwas Wasser aus dem Töpfchen bespritzt.

Die Wiederaufnahme der deutschen Bräuche begann mit der Bildung von Minderheitenselbstverwaltungen. Am frühesten wurde in Visegrád und Budaörs das Faschingsbegräbnis wieder aufgenommen. Ihrem Beispiel folgten die anderen Gemeinden (z.B. Budakalász, Dunabogdány) und auch diejenigen, wo der Brauch früher gar nicht gefeiert wurde (Solymár). Der erneuerte Faschingsbrauch bei den Pilischer Gemeinden weist viele Gemeinsamkeiten auf. Alle werden von den deutschen Minderheitenvereinen organisiert und deren Leitern sind die Hauptorganisatoren. Die "Seele" der Veranstaltung ist oft jahrelang dieselbe Person. Ort der Feier ist das Kulturhaus, selten eine Gaststätte. Der Zeitpunkt der Veranstaltung ist der Faschingsdienstag. In traditionellen katholischen Gegenden bildet das Faschingsbegräbnis das Ende des Festes. In Solymár gehen die Leute bereits um 22 Uhr, in Visegrad um Mitternacht nach Hause. Wo der religiöse Hintergrund des Festes nicht mehr lebt, feiert man bis frühmorgens. Die Sprache der Veranstaltung ist heute grundlegend Ungarisch, wird aber mit dem örtlichen Dialekt und mit schwäbischen und lateinischen Parodien gemischt. In Pilisvörösvár liest der "Pfarrer" seine Rede sowohl auf Ungarisch als auch auf Deutsch vor, der Barbier spricht nur im Dialekt und die anderen Teilnehmer äußern sich nur auf Ungarisch. Heute gibt man dem Fasching auch öfters Namen, wie "Farsang Tóbiás", "Trinkoffen Sáni", "Karnevál Herceg" oder "Farschang Herceg".

Referenzen

Judit Tóth: Megújuló szokások a Pilis-hegység német közösségeiben. Faschingsbegräbnis. (Sich erneuernde Bräuche in den Gemeinden der Pilis-Gebirge. Faschingsbegräbnis.) In: Veronika Mészáros/Hajnalka Vörös: Háztörténetek. A dunántúli németek kultúrális jellemzői. (Hausgeschichten. Deutsche Spuren in den Donauländern.) Veszprém 2006.