Fasnacht

Liptingen

Heuberg

Baden-Württemberg

Deutschland - Germany

Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

Allg. Festbeschreibung

Geografie

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Ort

Liptingen

Kreis

Heuberg

Region

Baden-Württemberg

Staat

Deutschland - Germany

Beschreibung

Ablauf:
Für die Schlehenbeißer von Liptingen beginnt am 6. Januar, dem Dreikönigstag, die Fasnacht. In der Zeit vom Dreikönigstag bis zum Donnerstag vor Aschermittwoch gibt es lediglich vereinzelte, lokal begrenzte närrische Aktivitäten wie Narrentreffen und Saalveranstaltungen. An ihnen nehmen mehrere tausend Häs- und Maskenträgern teil.
Eingeleitet wird die Fasnacht in Liptingen mit der Altenfasnacht etwa ein bis zwei Wochen vor den eigentlichen Hochfesttagen. Dort zeigen die älteren Mitbürger im Löwensaal Liptingens, dass Fasnet nicht abhängig ist vom Alter. Unterstützt durch junge und junggebliebene Narren ist dies ein närrischer Nachmittag, besonders für die älteren Mitbürger der Gemeinde.
Die großen Festtage der Fasnacht beginnen dann mit dem „Schmotzigen Dunschtig“, frühmorgens mit dem Wecken durch Kapellen.
Die umherziehende Kapelle begleitet die Narren, die zu Kindergärten und Schulen ziehen, worauf diese vom Unterricht befreit (Schülerbefreiung) und in die närrischen Tage entlassen werden. Das Rathaus wird ebenfalls „gestürmt“ (Rathaussturm), der Bürgermeister seines Amtes enthoben und der Rathausschlüssel als Zeichen der Machtübernahme an die Narren übergeben (Schlüsselübergabe). Jetzt wird die Fasnet explizit ausgerufen (Fasnetausrufen).
Zeitgleich zur Schülerbefreiung findet traditionell das „Narrenbaumsetzen“ oder „Narrenbaumstellen“ durch die „Zimmermannsgilden“ statt, nachdem der Narrenbaum, eine frisch geschlagene, bis zu 30 m hohe Tanne oder Fichte, in der Regel morgens eingeholt, entrindet, bis auf den Wipfel entastet und geschmückt worden ist. Er wird als Zeichen der Übernahme der Amtsgewalt durch die Narren angesehen und außerdem als „Stammbaum aller Narren“ bezeichnet. Das Setzen eines Baumes ohne Wurzeln soll ferner die Sinnlosigkeit anzeigen. Der Nachmittag ist der Tradition nach in Liptingen den jungen Narren überlassen, die die Fasnet in Liptingen durch ihren eigens gestalteten Umzug verkünden. Am Abend findet seit einigen Jahren ein Narrenkonzertabend statt, der durch Musik und Stimmung geprägt ist. Mit verantwortlich dafür ist auch die Liptinger Musikkapelle, die mit einem gut aufgelegten, stimmungsvollen Repertoire bereichert. In den vergangen Jahrzehnten etablierten sich im Süddeutschen Raum nach Schweizer Vorbild, so auch in Gottmadingen die Guggenmusiken. Zahlreiche Guggenmusiken aus dem Umkreis locken an diesem Abend die Zuhörer und begeistern mit ihrer schön schrägen Musik mit teils jazzigen Rhythmen.
Der „Kunterbunt“- Abend am Fasnachts-Samstag ist seit jeher einer der absoluten Höhepunkte der Liptinger Dorffasnacht. Tänze, Parodien und Büttenreden stehen auf dem Programm und sind zudem Gelegenheit, das Dorfgeschehen mal wieder durch die närrische Brille zu betrachten.
Der wohl längste Tag in Liptingen ist der Fasnachtsmontag. Er beginnt frühmorgens gegen halb sechs Uhr mit dem Hemdglonkerumzug. Pünktlich gehen die Straßenlaternen aus und die Hemdglonker ziehen mit Lampionen durch die stockdunkle Nacht, angeführt von der Liptinger Musikkapelle. Zuvor ziehen die Jungnarren durch die Gemeinde und wecken lautstark die Bewohner, damit niemand dieses Ereignis verschläft. Am Nachmittag findet der große „Narrensprung“ oder Fasnachtsumzug der Narrenzunft statt, oft auch unter Beteiligung zahlreicher Gastzünfte sowie sonstiger Vereine und Gruppierungen. Sie werden musikalisch begleitet von Musikkapellen, Spielmanns- und Fanfarenzügen, Schalmeienkapellen, „Lumpenkapellen“ sowie „Guggenmusiken“.
Jede Zunft hat ihren ganz eigenen Narrenmarsch, der die Narren beim Narrensprung begleitet und zu rhythmischem „Jucken“, in vorgegebener, ritualisierter Schrittfolge, veranlasst. Während die Narren den Umzug entlang jucken, ertönt der überregionale Ruf „Narri-Narro“. Der Narr ruft „Narri“, der Zuschauer antwortet „Narro“. Dabei werden von den Narren Gutsle, Brezeln oder Orangen an die Zuschauer ausgeworfen. Das Auswerfen hängt ursprünglich mit dem bevorstehenden Verzicht in der Fastenzeit zusammen. Im Anschluss an den Umzug finden überall, in der Halle, in Kneipen und Gaststätten närrisches Treiben statt.
Der Fasnachtsdienstag ist nachmittags den Kindern vorbehalten. In den letzten Jahren hat sich ein besonderer Höhepunkt der Liptinger Fasnacht herausgebildet, das Maschkre. 130 bis 160 Maskierte, in den unterschiedlichsten Kostümierungen ziehen durch die Lokalitäten Liptingens. Das besonders reizvolle für die Maschkre ist, dass sie den ganzen restlichen Tag maskiert und damit unerkannt bleiben. Das Rätsel um die Identität des Kostümierten bleibt so lange erhalten bis sich die Maschkre aufdecken – nämlich kurz vor Mitternacht.
Dann wird unter viel Geheul und Wehklagen die Fasnacht beendet.

Häs und Maske:
Die Figur des Schlehenbeißers hat die Fasnacht in Liptingen nachhaltig geprägt. Die braune Holzmaske mit einem schwarzen Haarkranz zeigt ein sauer verzerrtes Gesicht, das in eine Schlehe beißt. Dazu trägt der Schlehenbeißer ein blaues Oberteil (Bure-Kittel) und blaue Handschuhe. Die weiße Hose ist bemalt mit Symbolen der 4 Jahreszeiten, ebenso die Kopfhaube.
Da kein Mann auf Dauer ohne Frau auskommt, dachten die Liptinger daran, dem Schlehenbeißer eine Frau an die Seite zu stellen, das Horchetweible. Gekleidet mit einer weißen Bluse, einem schwarzen Rock, einer weißen Schürze und einer blauen Weste, dazu ein rotes Fransentuch über den Schultern, tragen sie den berühmten Schlehenschnaps bei sich und teilen diesen gerne mit anderen Narren und Zuschauern an den Umzügen.
Zu den historischen Gruppen zählen die Zoller. In blau-weiß-roter Uniform ist diese Männergruppe an den Umzügen zu sehen.
Zur Zunft gehören außerdem die Schlehenblüten (Tanzgruppe) sowie der Narrenpolizist und der Hofnarr.

Geschichte:
Seit 1948 lässt sich in Liptingen lückenlos närrisches Treiben belegen. Liptingen war früher, im Gegensatz zu vielen anderen Hegau-Gemeinden, eine arme Gemeinde. Aufgrund des spärlichen und steinigen Bodens brachte die Landwirtschaft bei langem nicht die Ergebnisse wie z.B. im fruchtbaren Hegau. Die Liptinger wurden schon lange, bevor irgendjemand an die Schlehenbeißer dachte, verächtlich Schlehebure (Schlehenbauern) genannt, da an ihren Hängen nichts wuchs außer Schlehen. Aus der Not wurde eine Tugend und die Liptinger waren seit jeher bekannt für ihren gebrannten Schlehengeist. Er geht aber auch auf eine Sage zurück, nach der in dem Wald ein wilder Bursche hauste, der jedes Jahr zur Fasnachtszeit durch das Brauen des Schlehengeistes geweckt wurde. Dies war der Grundstein zur Gründung des Schlehenbeißers 1960/61.
Der Namensgeber des Horchetweible ist ein Waldstück in Richtung Tuttlingen (Horchetwald). Einer Sage nach war der Horchetwald geprägt durch einen Geist, der auch eine Frau, also ein Horchetweible hatte. Sie zog durch den Wald und sammelte Schlehen und Kräuter, um den Schlehengeist zu brennen. Die Gruppe der Horchetweible, wurde erstmals 1982 vorgestellt.
Die Zoller sind die jüngste Gruppe der Narrenzunft Liptingen. Im Jahre 2000 gegründet, erinnern sie an die Zeit, als Liptingen 1456 Bestandteil der Landgrafschaft Nellenburg zu Österreich war. Liptingen beherbergte damals eine bedeutende Zollstelle. Alle Reisenden von Stockach herkommend mussten in Liptingen die Zollschranken und die zollamtliche Abfertigung überwinden.

Referenzen

Herbert Berner (Hrsg.): Fasnet im Hegau und Linzgau. Konstanz 1982.