Fastnacht / Fasnet
Dieses Jahr
27.02.2025 (Donnerstag vor der Fastnacht = Weiberfastnacht), 02.03.2025 (Fastnachtssonntag = Quinquagesima / Estomihi), 03.03.2025 (Fastnachtsmontag = Rosenmontag), 04.03.2025 (Fastnachtsdienstag)Nächstes Jahr
17.02.2026 (Fastnachtsdienstag), 15.02.2026 (Fastnachtssonntag = Quinquagesima / Estomihi), 16.02.2026 (Fastnachtsmontag = Rosenmontag), 17.02.2026 (Fastnachtsdienstag)Turnus
jährlich
Festausübung
aktuell
Allg. Festbeschreibung
Geografie
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Staat
Beschreibung
Heute fängt die Fasnet nach Dreikönig an und endet am Fastnachtsdienstag Schlag zwölf Uhr nachts. Im alten und volkstümlichen Sinn beginnt die eigentliche Fasnet - die tollen Tage - mit dem Narrenbaumsetzen am Mittwoch vor dem "Gumpige Donstig". Mitten auf dem Marktplatz, nach Einbruch der Dunkelheit, errichten die Mannen vom Bauhof den Narrenbaum, dessen Krone aus einer dicken rot-weißen Schelle besteht. Daneben wird ein Höllenfeuer entzündet, so dass die Funken hoch über die Dächer der Altstadt fliegen. Um das Feuer herum tanzen die großen und kleinen Narren im Häs und ohne Häs. An diesem und den folgenden Tagen bestimmen die Mitglieder der Wangener Narrenfamilie das Straßenbild. Dazu gehören der Flachsnarr in seinem grün-gelben Schindelhäs und das Schellen- oder Aneweible, dessen Aufzug Erinnerungen an den im Allgäu einst so wichtigen Flachsanbau weckt. Weitere Figuren sind der Spindelnarr und der Narrennachwuchs, männlicher und weiblicher Narrensamen genannt. Das Oberhaupt der Narrenfamilie ist der Narrenvater, der jedes Jahr neu gewählt wird. Die liebliche Gattin des Narrenvaters ist die Narrenmutter.
So ein Narrenvolk braucht natürlich eine ordentliche Regierung. Diese besteht aus dem Zunftmeister und den Narrenräten. Sie sind es, die das Narrenkarussell erst so richtig in Fahrt bringen. Alle Narrenräte tragen in würdevoller Narretei die Kostüme der Wangener Kaufleute früherer Zeiten: schwarze Schuhe, rote Strümpfe, schwarze Bundhose, rotes Samtwams mit rot-weiß gestreiften Ärmeln, breiter weißer Umlegekragen und eine große schwarze Schmetterlingskrawatte. Darüber trägt der Narrenrat einen königsblauen Gehrock. Als äußeres Zeichen seiner Größe bedeckt das Haupt ein hoher grauer Zylinderhut mit rotem Band. So gekleidet schreiten die Narrenräte inmitten ihrer närrischen Zunftmitglieder einher, winken sich und anderen huldvoll zu und rufen den Wangener Fasnetsruf "Schelle, Schelle!". Die Antwort erfolgt prompt: "Schell au!".
Die Hauptaufgabe von Zunftmeister, Narrenräten, Narrenvater und Narrenmutter besteht darin, weise Entscheidungen nach hitzigen Wortgefechten zu treffen. Zu den wichtigsten Entscheidungen gehören: Die Stadtregierung wird abgesetzt. Das Stadtparlament wird auch abgesetzt. Der Narrenvater übernimmt die Regierung der Stadt. Die Narrenräte regieren mit. Gemeinsam wird die Hymne der Wangener Fasnet gesungen. Alle Schüler der Stadt erhalten am nächsten Morgen in der Schule eine große Fasnetsbrezel. Der Tag nach dem Narrenbaumsetzen ist ein Haupttag der Wangener Fasnet, der "Gumpige Donstig" (gumpen = hüpfen). Am Nachmittag findet der Hemedglonkerumzug statt, wobei vorwiegend die kleineren Kinder endlich "ge Maschgere gong" dürfen. Begleitet von Musikkapellen aus Stadt und Land wuseln die Mäschkerle durch die Altstadt. Auf den "Gumpige Donstig" folgen der "Bromige Fritig" (bromig = rußig), an dem man sich und andere mit rußgeschwärzten Fingern das Gesicht schwärzt, und der "Schmalzige Samstig". An diesem Tag wurden früher Fasnetsküchle in Schmalz gebacken.
Am "Fasnetmätig" (Fastnachtsmontag) erreicht die Wangener Fasnet ihren Höhepunkt. Narrenzünfte und Musikkapellen aus nah und fern folgen der Einladung der Wangener zum großen Narrensprung, der sich pünktlich um 13 Uhr 59 unaufhaltsam in Bewegung setzt. Tausende von Zuschauern säumen die Straßenränder. Sie sind zum großen Teil fasnetsmäßig gekleidet und schunkeln im Takt der vorbeiziehenden Musikanten. Die Vielfalt der Masken ist unübersehbar. Nachdem sich der Narrenwurm aufgelöst hat, herrscht in den Wirtshäusern und Festhallen Hochbetrieb.
Am Abend des "Fasnetzischtig" beginnt der "Kehraus" der Fasnet. Die Narrenoberen geben demütig die Regierungsgewalt zurück, der Narrenbaum wird unter lautem und durchdringendem Wehklagen des gesamten Narrenvolkes gefällt. Um Mitternacht setzt der antretende Aschermittwoch dem Fasnetspuk ein Ende.
Maskenfiguren:
Das ursprünglich einteilige Blätzlehäs des Flachsnarren ist heute zweigeteilt. Jacke und Hose sind grün-gelb, Kragen sowie der Ärmel-, Jacken- und Hosenabschluß aus braunem Filz. Die Blätzle sind nach dem Vorbild der Schindeln an Allgäuer Bauernhäuser geformt, wobei jedes einzelne braun gesäumt ist. Unter seiner Jacke trägt der Flachsnarr einen braunen Bauernkittel, der mit roten und weißen Ziernähten versehen ist. Die Schultern des Kittels sind mit Klappen besetzt, welche Flachsblüten darstellen. Außerdem gehört zum Häs des Flachsnarren ein Kreuzgurt mit neun Schellen. Die Holzmaske stellt ein verschmitztes Bauerngesicht dar und ist mit einem geflochtenen Flachszopf eingefaßt. Ein Maskentuch aus blauem oder grünem Filz mit aufgesetzter Flachsblüte dient als Kopfbedeckung.
In neuerer Zeit gab es eine "Narrenmutation". Im selben Häs wird von älteren Narren eine blaue Guggelhaube mit Schirm und Korb getragen. Diese behäbige Figur übt auch das Aufsagen und Schnurren aus.
In einem Wangener Fasnetslied heißt es: "Ane - Ane, isch dia Wangemer Fasnet schee!", wobei das Wort Ane als Verstärkung des Nachfolgenden dient. Diese Strophe ist dem Aneweible gewidmet, und so ist auch auf dem heutigen Häs der Schriftzug "Ane - Ane" zu finden. Während alle weiblichen Narren unter 14 Jahren unverlarvt gehen, tragen die großen Aneweible Holzmasken. Diese sind matt bemalt und zeigen einen lieblichen Gesichtsausdruck mit angeschnitztem Haaransatz. Das verschmitzte Lächeln verstärkt das jugendliche Aussehen. Als Kopfbedeckung dient ein rotes Kopftuch, an dessen Spitze ein roter Bommel sitzt. Ein spitzer Strohhut mit einem Band von Flachsblüten aus Filz vervollständigt die Kopfbedeckung.
Das Häs des Aneweibles besteht aus Leinenhose und -kittel mit Stehkragen. Beide Teile sind mit hellblauen Flachsblüten, verblühtem Flachs und Flachspflanzen bestickt. Kragen, Ärmel, Jacken- und Hosenabschluss sind aus rotem Stoff. Über den Schultern trägt das Aneweible, das die Wangener auch "Schellenweible" nennen, einen roten Kreuzgurt mit elf vernickelten Schellen. Schwarze oder braune Halbschuhe und rote Handschuhe gehören ebenfalls zum Häs. In der Hand hält die Fastnachtsfigur einen ledergefassten Flachswedel und einen roten Narrenschirm. Über dem Arm hängt ein heller Korb.
Eine weitere Figur der Wangener Fasnet ist der Spindelnarr. Seinen Namen hat dieser Narr von den Baumwollspindeln, die in mehreren Reihen an Brust, Armen und Beinen seines gelben Leinenhäses befestigt sind. Auf der langen Jacke und der Hose sind Blüten und Fruchtstände des Baumwollstrauches appliziert. Sie sind aus hellgrünem, dunkelgrünem, braunem, rotem und weißem Leinen hergestellt. Die Larve des Spindelnarren ist aus Holz und zeigt ein lachendes Gesicht mit Zahnlücken. Ein geflochtener Baumwollzopf umrahmt die Maske. Die grüne Larvenhaube liegt eng am Kopf an. Darauf sitzt eine Schmelzkappe, an der ein weiterer Baumwollzopf hängt. Zum Häs gehören neben den braunen Halbschuhen und den weißen Handschuhen auch ein ledergefasster Wedel aus Baumwollgarn oder eine Rätsche.
An der Spitze der Zunft steht der Zunftrat. Aus früherer Zeit ist bekannt, dass die Wangener Kaufleute ein Zunfthaus hatten, das "Zum Narren" hieß. Der Zunftrat kleidet sich in der Tracht eben dieser Kaufleute: schwarze Kniebundhosen, Schnallenschuhe, rote Kniestrümpfe und Gehrock. Der Rock ist aus königsblauem schwerem Tuch oder Filz und geht bis zu den Knien. Das Revers ist rot. Unter den Gehrock gehört ein rotes Wams aus Samt mit rot-weiß geflammten Ärmeln, großem weißem Kragen sowie ein weißes Hemd mit schwarzer Halsschleife. Der große graue Bürgerhut, die weißen Handschuhe und der rote Regenschirm mit den weißen Rüschen verstärken das noble Aussehen des Zunftrats.
Der Büttel, der in Wangen als Einzelfigur erscheint, verkörpert den Amtsdiener, der fastnächtliche Neuigkeiten und Ankündigungen ausruft.
Die jüngste Figur der Wangener Fasnet ist die 1996 geschaffenen Stadtfrau. Sie löste die Marktfrau ab und ist im gutbürgerlichen Gewand einer Städterin aus den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts gekleidet. Unter dem gestiftelten Rock aus schwerem Tuch schaut ein weißer Spitzenunterrock hervor. Den Rock ziert eine Schürze aus weichem, glänzendem Stoff. Über der weißen Bluse trägt sie einen Spenzer mit überzogenen Knöpfen. Der kleine Kragen und der Ärmelbund sind mit grünen und gelben Blätzle besetzt. Als Kopfbedeckung dient eine bürgerliche Bodenhaube, deren Boden ebenfalls mit Blätzle besetzt ist. In der Hand hält die Stadtfrau einen schönen Armkorb und einen roten Schirm mit weißem Rüschenrand.
Als Einzelfigur tritt der Schellenbue in Aktion. Die Symbolfigur der Wangener Zunft trägt Hose und Jacke eines mittelalterlichen Narren in Gelb und Grün im seitlichen Wechsel. Der gezackte Kragen ist aus rotem Stoff und sitzt auf den Schultern. Um den Bauch trägt der Schellenbue einen breiten Gurt aus Naturleder. Die Holzlarve hat wie beim Flachsnarr ein verschmitztes bauernschlaues Gesicht, die Larvenhaube ist jedoch weiß und hat rote Zipfel mit runden Schellen an den Enden. Zum Häs gehören außerdem schwarze Halbschuhe und weiße Handschuhe. Die Figur trägt einen großen geflochtenen Korb in Form einer Kuhschelle. Im Inneren des rot-weiß bemalten Korbes hängt eine richtige Schelle.
Geschichte:
Die schwäbisch-alemannischen Wurzeln der Wangener Fasnet sind unschwer an den vielfältigen Masken abzulesen. Schon in den ältesten Statuten von 1498 findet man Bestimmungen über den Schutz dieses Brauchtums in den Mauern der Reichsstadt Wangen:
"Wir haben auch gesetzt, das alle ungericht unnd bussen an der mitwochen sollen zwiffalt gon, und an den jahrmärckten und an den vier tagen in der vassnacht und an all tag an der vassnacht dryfalt gon. (Wir haben auch verordnet, daß alle Frevel und Bußen mittwochs - an den gewöhnlichen Markttagen - doppelt bestraft werden sollen, und an den vier Tagen in der Fastnacht und an allen Tagen in der Fastnacht dreifach.)"
In den erneuerten Statuten von 1762 ist fast wörtlich dasselbe nachzulesen, nämlich "daß alle Straffälle an den vier Tagen in der Fastnacht dreifach gestraft werden". Diese Bestimmungen zeigen in erster Linie die Bedeutung der Fastnacht in der alten Reichsstadt Wangen; sie zeigen aber auch, dass Jahr um Jahr die Fasnet in praller Ausgelassenheit fröhliche Urstände feierte. In den Gassen der Stadt fand unter dem Schutz der Vermummung allerhand närrisches Treiben statt. Solche, die sonst nicht viel zu melden hatten, trauten sich unter der Maske, es "denen da oben" einmal so richtig zu sagen. Dass sich jedoch auch die tonangebenden Familien der Stadt nicht scheuten, an den Fastnachtsbelustigungen teilzunehmen, läßt sich aus einem anderen Umstand ableiten. Ausgerechnet die einflußreichen Patrizier nannten ihre exklusive Vereinigung selbstironisch "Zum Narren".
Aus dem Leben der Zünfte ist bekannt, dass vor allem die Leineweberzunft alljährlich ihre eigene Fastnacht feierte. Im 16. Jahrhundert war ihr der Fasnetdienstag zugeteilt, im 18. Jahrhundert musste sie diesen an die Schmiedezunft abtreten, erhielt dafür aber den Fasnetsmontag. Der früheste Beleg eines Fastnachtsspiels stammt aus dem Jahr 1833. Damals führten die Wangener Narren auf dem Marktplatz unter freiem Himmel "Der Kürbis von Tutterstadt" auf. Im Jahr 1954, nach der Wiedergründung der Narrenzunft "Kuhschelle weiß-rot", die seit 1935 bestand, entwarfen die Mitglieder eigene Narrenfiguren. Die Entwürfe richtete man dabei auf die traditionelle Leinenweberzunft aus.
Die Aufnahme der Wangemer Narrenzunft Kuhschelle Weiß/Rot in die VSAN fand im Jahr 1971 statt.
Die Termine der aktuellen Fastnachtsveranstaltungen können aus dem unter www.fasnacht.net ab Oktober jedes Jahres von der Vereinigung Schwäbisch- Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) veröffentlichten Narrenfahrplan entnommen werden.
Referenzen
Zur Geschichte der organisierten Fastnacht, Hg. Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte Vöhrenbach 1999.

