Fastnachtsspiel / Eggaspiel
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15.02.2026 (Fastnachtssonntag = Quinquagesima / Estomihi)Turnus
Festausübung
Allg. Festbeschreibung
Geografie
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Beschreibung
Ein Brauch, dessen Anfänge sich dem Inhalt und den Formen nach im Dunkel alter Zeiten verlieren, ist in der Fastnachtszeit das Eggaspiel.
Felix Dahn schilderte im 19. Jahrhundert die Handlung u.a. wie folgt:
„Ein Haufe vermummter Burschen führte auf den Hauptplätzen dieser Orte alle Beschäftigungen des Feldbaues in komischer Verkehrung auf. Die Werkzeuge hatten alle ein lächerliches Aussehen. An den Pflug wurden vier bis sechs Burschen mit großen Roßkopfmasken gespannt. Um die Hüften trugen sie mit Rollen und Schellen behangene Riemen. Vom gleichen Gespann wurde die Egge gezogen. Während dieser Verrichtungen des Feldbaues erschien unter den
Burschen eine Hexe mit greulichem Aussehen, welcher die Hauptrolle des Spiels zukam. Diese Unholdin, trieb die Pferde auseinander, welche scheu wurden, sie stahl oder verdarb das Gerät und nahm auch heimlich die Räder vom Pfluge, das Saatgetreide aus dem Sack und zerrüttete die Garben. Während die Ackerleute ihren Vespertrunk hielten, schlich die Hexe hinterrücks heran, leerte die Krüge und verdarb die Speisen. Darauf begann ein großes Hetzen und Verfolgen zwischen den Bauersleuten, bis zum Schlusse die Hexe eingefangen wurde und die ganze Schar zu Rast und Vergnügen, zu Zechen und Tanz ins Wirtshaus gelangte.“
Die Aufführungen seit 1955 halten sich eng an den ursprünglichen Kern. Die Holzmasken wurden nach den Entwürfen des Sonthofener Kunstmalers Robert Schraudolph von der Schnitzschule Marktoberdorf angefertigt. Die ausschließlich männlichen, meist jugendlichen Mitspieler treten nicht nur als Bauer, Bäuerin, Knecht, Magd, Bue, Föhl (Mädchen) und Hexe auf, sondern stellen auch die Tiere dar: Pferde, Molle (Jungstier), Kuh, Katze, Hund, Sau, Gockeler und Geißbock. Das Spiel leitet ein Herold, der es auch erklärt, da es als Pantomime stumm aufgeführt wird. 1987 erhielt das neue Rathaus von Sonthofen mit großen Eggaspielfiguren einen künstlerischen Schmuck besonderer Art. Alle drei Jahre (nächstes 2008) wird am Sonntag vor dem Faschingsdienstag das Spiel auf dem Rathausplatz aufgeführt.
Geschichte:
Die einzig bekannte schriftliche Überlieferung stammt von dem Volkskundler Felix Dahn in dem Werk „Bavaria – Landes- und Volkskunde des Königreiches Bayern“, das 1863 erschienen ist. Damals war der Brauch des Eggaspiels schon erloschen. Dahn schreibt, daß sich „bis vor einigen Jahrzehnten“ das junge Volk um Sonthofen und Burgberg zur Fastnacht mit einem „höchst eigentümlichen, an uralten Anschauungen und Gebräuchen erinnernden Spiel, das Egga geheißen“ ergötzte.
Dahn fügt seiner Beschreibung (siehe oben) hinzu, daß diese parodistische Darstellung der bäuerlichen Arbeitswelt bei einer ganzen Reihe von nordischen, englischen, flandrischen und mitteldeutschen Festen üblich und überall, wo sie begegnet, ein Zeichen echter Volkswüchsigkeit und hohen Alters sei. Der Name „Eggaspiel“ dürfte von dem beim Spiel benützten Ackergerät herzuleiten sein. In Tramin in Südtirol gehört am Fastnachtsdienstag der „Egetmann“ zum altüberlieferten Brauchtum. Die deutlichsten Parallelen zum Sonthofener Eggaspiel weist jedoch das „Pflugziehen“ in Stilfs in Südtirol auf, das an jedem Donnerstag vor dem Faschingssonntag aufgeführt wird. Wie in Sonthofen spielen hier ausschließlich männliche Dorfbewohner mit. Die älteren mimen eine Hofgemeinschaft, bestehend aus Bauer, Bäuerin und Dienstboten; die jüngeren stellen das „Gesindel“ dar, das versucht, die überkommene Arbeits- und Familienordnung zu stören und daraus seinen Nutzen zu ziehen. Es vertritt also gewissermaßen den Part der Hexe im Eggaspiel. Der Vergleich macht deutlich, daß das Sonthofener Brauchtum weder mit heidnischen Fruchtbarkeitsriten noch mit den Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit in einem näheren Zusammenhang steht. Der Hintergrund ist vielmehr in altem Fastnachtsbrauchtum zu suchen. Dazu gehört seit jeher die spielerische Umkehrung der gewohnten Ordnung, die „verkehrte Welt“.
Auf Anregung des Bezirksheimatpflegers Alfred Weitnauer nahm der Heimatdienst Sonthofen 1955 das Spiel wieder auf, nachdem es bereits 1936 in der Verbrämung des damaligen Zeitgeistes als Winteraustreibung eine Art Wiedererweckung in Burgberg gegeben hatte.