Heiliges Wasser Holen / Heiliwog-Holen
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Festausübung
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Beschreibung
Gegen 23.30 Uhr versammeln sich viele Einwohner der Stadt um den ihrer Wohnung nächstgelegenen öffentlichen Brunnen. Alle Brunnen der Stadt werden in das Brauchbild einbezogen, erfahren jedoch einen unterschiedlichen Besuch. Die größte Anziehungskraft besitzen die Brunnen am Marktplatz und der Marienbrunnen an der Kirche St. Martin. "Heiliwog-Holer" und Zuschauer stellen sich um das Rund des Brunnens und gestalten die Zeit bis Mitternacht mit Adventsliedern und Gebeten. Mit dem ersten Glockenschlag um 24.00 Uhr werden in gedrängter Eile die vielen mitgebrachten Krüge und Karaffen unter die meist vierrohrigen Wasserführungen gehalten. Nur das innerhalb der 12 Schläge gefaßte Wasser gilt als gesegnet. Einige Teilnehmer geben den vollen Krug bereits von Mund zu Mund an die Familienmitglieder, die Mehrheit nimmt die vollen Gefäße mit nach Hause. Zum Abschluß der Feier erklingen die Lieder "Großer Gott wir loben Dich" und "Stille Nacht, Heilige Nacht". Die Teilnehmer begeben sich nach Hause, wobei in manchen Familien das Heimtragen des Heiliwogs als besondere Auszeichnung gilt. Mit dem Spruch "Heiliwog, Gottes Gob, Glick ins Hüs, Unglück nüss." betritt meistens der Vater als erster das Haus. Das Wasser wird unter den Familienmitgliedern aufgeteilt, im Falle eigenen Weinbaus oder der Tierhaltung in Faß oder Freßgeschirr gegeben. Einer individuellen Verwendung dieses Elements sind keine Grenzen gesetzt: es wird verwendet als Heilmittel im Krankheitsfalle, zum Kochen oder zur Haussegnung.
Ein Teil wurde ins Weinfaß oder in den Weinessig geschüttet, damit sich diese Flüssigkeiten gut hielten.
Das Endinger "Heiliwog", dessen etymologischer Gehalt übereinstimmend von einigen Quellen in der Sinngebung "heilige Woge", "geheiligtes Wasser" gedeutet wird, hatte ursprünglich eine viel weitere Verbreitung, während das Endinger "Heiliwog-Holen" heute keine sonstigen Entsprechungen im badischen Raum mehr findet. Nach Meyer war das Wasserholen in der Christnacht oder am Weihnachtsmorgen im ganzen badischen Raum verbreitet. Für Endingen nennt er jenes Heiliwog-Holen, das sich bis heute in seiner Form nicht sehr gewandelt hat (vgl. Meyer, Badisches Volksleben, Straßburg 1900, S. 485 f.). Oft sei das weihnachtliche Wasserschöpfen mit der Vorstellung des Weinwunders verbunden. Die mittelalterliche Sitte des Weinausschankes durch die Rohre städtischer Brunnen anläßlich herrschaftlicher Festlichkeiten könne als Vorbild gedient haben. Bemerkenswert sei das Einlenken der kirchlichen Institution, die die Christmette auf die Zeit vor Mitternacht verlegte, um die Teilnahme am Heiliwog-Holen zu ermöglichen.
Der Ausdruck "Heiligwag", der das in der Nacht geschöpfte Wasser bezeichnet, wurde von den Dichtern im 13. Jh., von Lorchius im 16. Jh. und von Phil. von Sittewald im 17. Jh. erwähnt.
Referenzen
Bernhard Oeschger: Zwischen Santiklaus und Martinsritt. Strukturen jahreszeitlicher Brauch-phänomene in Endingen am Kaiserstuhl. Frankfurt am Main 1981. S. 128 f.