Passionsprozessin /-spiel / Leiden-Christi-Umgang

"Vom Gymnasium aus zog man von 1 Uhr nachmittags bis gegen 4 Uhr teils zu Pferd, teils zu Fuß mit acht bis zehn getragenen oder von Pferden gezogenen Bahren, worauf u.a. das Heilige Grab dargestellt war, in der Stadt herum, begleitet von einer Kompanie Soldaten mit verkehrtem Gewehr, ferner von Pönitenten oder Büßern in braunhärenen Bußkleidern mit verhülltem Angesicht, von Geißlern in weißleinenen Kleidern, von denen es bisweilen über anderthalbhundert waren, und von Kreuzziehern in blauleinenen Röcken, zehn bis zwölf Schuh lange hölzernen Kreuze nach sich ziehend. Das Landvolk kam in unzähligen Scharen herbei, um den Umzug zu sehen. In Abgang kam diese Prozession teils wegen der hohen Kosten, hauptsächlich aber wegen Mißbrauchs. Es gab besonders zwischen den Flagellanten "nicht ernsthafte" Büßer, die , weil man sie in ihrer Verhüllung nicht erkannte, mit ihrer blutigen Geißel die Leute oft anspritzten oder anschlugen oder sie erschreckten, und zwar sowohl bei der Prozession als auch hernach beim Besuchen der heiligen Gräber, wo sie in Gruppen von zehn bis zwanzig von einer Kirche zur anderen zu gehen pflegten." (Hefele, 1929.)

Zu dieser Prozession gehörte auch ein Passionsspiel, von dem zwei Varianten schriftlich überliefert sind. Dieses dauert mehrere Stunden und wurde auf dem Münsterplatz (zwischen Münster und Kaufhaus) von den Zünften vorgeführt. (Martin 1873)

Geschichte:
Diese Prozession wurde 1751 von der "großen Lateinischen Kongregation" veranstaltet; die Geißelungen, ins Gymnasium verlegt, wurden erst 1768 verboten.
Die Schriftfassungen des Passionsspiels stammen aus den Jahren 1599 bzw. 1604.