Sommertag

St. Leon/St. Leon-Rot

Rhein-Neckar

Baden-Württemberg

Deutschland - Germany

Turnus

jährlich

Festausübung

N
aktuell

Allg. Festbeschreibung

Geografie

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Ort

St. Leon/St. Leon-Rot

Kreis

Rhein-Neckar

Region

Baden-Württemberg

Staat

Deutschland - Germany

Beschreibung


In St. Leon findet jedes Jahr Ende April oder Anfang Mai der Sommertag statt.
Im Frühjahr 1978 wurde der Sommertagszug nach einer längeren Pause erstmals wieder durchgeführt. Der MGV Harmonie unter der Leitung seines Vorstandes Helmut Heger übernahm in Zusammenarbeit mit der Schule die Schirmherrschaft. Er bemühte sich um die heute notwendigen behördlichen Genehmigungen, schloss eine Versicherung ab und organisierte mit der Freiwilligen Feuerwehr den Absperrdienst. Die Veranstalter trafen sich 14 Tage vor dem Umzug im Jugendraum des MGV und übten das Lied. Gleichzeitig wurden Sommermannsstecken mit buntem Papier umwickelt und mit Rosen geschmückt. Eine wesentliche Neuerung stellte das von Schmiedemeister Fuchs hergestellte Eisendrahtgestell dar, in das der Einzubindende in wenigen Minuten hinein- und herausschlüpfen kann. Früher wurden drei Stunden für das Einbinden benötigt. Durch diese Neuerung wird das mehrere Stunden lange (5-6 Stunden) Ausharren des Eingebundenen auf die reine Umzugsdauer beschränkt. Auch auf das Weidengeflecht wurde verzichtet. Grüne Metalldrähte ersetzen die Weiden. Durch Eisenösen, die mit dem Gestell fest verbunden sind, werden drei Rundstangen geschoben. Auf den Rundstangen kann der Sommermann so sicher durch die Straßen getragen werden.
1980 nahm erstmals eine größere Anzahl von Mädchen aktiv am Zug teil. Dies war auch wegen der geringen Anzahl der Entlassschüler notwendig. Denn um den Sommermann zu tragen, sind ständig zehn Träger erforderlich, die sich von Zeit zu Zeit abwechseln müssen. Die übrigen Schüler werden für das Geldsammeln benötigt.
Der Sommermann wird heute nicht mehr vor die Wohnung eines jeden Entlassschülers getragen, da dies zu lange dauern würde. Statt dessen singt der den Zug begleitende Gesangsverein an markanten Stellen wie Kirche, Rathaus und Kreuzungen ein passendes Lied, während der Sommermann auf die Beine gestellt wird. Der Ausgangspunkt ist nicht die Wohnung eines Entlassschülers, sondern die Schule. Im Schulhof steigt der Einzubindende nicht geheim, sondern in aller Öffentlichkeit in das Gestell.
Die heute gültige Fassung des Sommertagliedes ist eine Verschmelzung des ursprünglichen Textes mit einem neueren, hochdeutschen Text, wie er vielleicht durch die Lehrer über die Schule eingeführt wurde. Sie lautet folgendermaßen:

"Ri, ra, ro der Summermann isch do,
Aus des Himmels wilden Trieben,
schickt ihn Gott für uns zu lieben,
der Summerdaog isch do, die Blumenzeit isch noh.

Refrain: Hinner dene Zeine hocke d'Moad un greine,
ri, ra, ro der Summerdaog isch do.
Hinner dene Mauere hocke d'Buwe un lauere,
ri, ra, ro, der Summerdaog isch do.

So, so , so, kommt der Sommer froh.
Seht, da wir ihn fröhlich tragen,
höret, was wir singen und sagen:
Sommer komme bald, wünscht sich jung und alt.

Refrain

Hu, hu, hu, hört uns willig zu.
Sommerliedlein hört ihr schallen,
ja es wird euch sehr gefallen,
jauchzen wir dazu, Sommer gut bist du.

Refrain

Fort, fort, fort, Winter du mußt fort.
Fort mit deinen kalten Tagen,
Sommermann der wird dich jagen.
Winter, du mußt fort, an einen andern Ort.

Refrain

Wäre mer net tapfer g'sprunge,
wär dä Summermann net g'kumme,
Ri, ra, ro der Summerdaog isch do.
Gebe Gott der Erd Gedeihen,
Brot und Obst, daß wir uns freuen,
Kartoffel auch dazu und die politisch' Ruh.

Refrain

Die erste geschichtliche Erwähnung des Lätarebrauchs findet sich bereits 1650: "7 Batzen geben den jungen Kindern am Sommertag altem Brauch nach". Früher (Meyer beschreibt den Brauch um 1900 in ähnlicher Weise) bereiteten die Entlassschüler das Fest des Sommermannes vor. Es fand am Sonntag Laetare oder bei ungünstigen Wetter auch am Sonntag danach statt. Abends fanden abwechselnd ein- bis zweimal in der Woche in den Elternhäusern Zusammenkünfte statt, um das Sommermannslied einzuüben und den Umzug zu besprechen. Die Jungen nannte man zu dieser Zeit "Summermannskrippel", worauf sie stolz waren. Einige Sonntage vor Lätare suchten sie die schönsten "Pfremmen" (Besenginster) und ein geradegewachsenes, ungefähr 60 cm hohes Tännchen aus und brachten sie heimlich nach Hause. Ebenso wurde vorher in aller Stille ein Junge ausgewählt, der als Sommermann eingebunden werden sollte. Die letzte Entscheidung über die Wahl traf der Einbinder. Dieses Amt hatte seit vielen Generationen die Familie Gottselig inne. Am Sonntag Lätare selbst wurden mehrere Jungen eingefangen, in Säcke gesteckt und zum Haus jenes Entlassschülers gebracht, wo das Einbinden stattfand. Das Einfangen hatte den Zweck, das Erraten des Auserwählten zu erschweren. Die eingesperrten jungen Burschen erhielten als Ersatz für die "Freiheitsberaubung" Essen, Trinken und ein Taschengeld. Der vorbestimmte Junge wurde vollständig mit Pfremmen umhüllt, Arme und Beine gesondert. Zum Zusammenbinden der Besenginster verwendete man Weiden, die lange Zeit vorher gewässert und danach stark gedreht wurden. Ein regelrechtes Weidennetz umgab den Eingebundenen, so dass sich die Pfremmen nicht lockern konnten. Das Weidengestell war elastisch präpariert, damit der Junge keine gesundheitlichen Schäden davontrug. Handschuhe und neue oder fremde Schuhe sollten das Erkennen verhindern. Das Tännchen wurde an den über dem Kopf des Jungen endenden "Pfremmen" festgebunden. Farbige Rosen und Papierbänder schmückten den "Summermann". Um die Jahrhundertwende musste jeder "Summermannskrippel" zwei Stoff- oder Seidenbänder mitbringen, auf die der Name des Eigentümers eingestickt war. Der "Summermann" wurde auf drei Rundhölzern mit den Beinen voraus beim Umzug getragen und vor den Häusern der Burschen und Ortspersönlichkeiten abgestellt. Singende Kindern begleiteten den Zug. Sie trugen mit bunten Bändern geschmückte Stecken. Brezeln zierten die Spitze.
Um die Jahrhundertwende trugen nur vereinzelt Kinder von begüterten Eltern gekaufte, mit bunten Bändern geschmückte Stecken. Es war üblich, die Stecken aus "Faulbaumholz" herzustellen. Diese wuchsen im Sumpfgebiet des Mingolsheimer Wäldchens. Ihr Holz war deshalb besonders weich. Mit dem Messer wurde den geraden Ringelstöckchen die Rinde herausgeschnitten. Wie eine Ranke oder Schlange ringelte sich der herausgeschnittene hellere Streifen zur Spitze, auf der die Brezel steckte. Ein oder zwei Stoffbänder konnten unter der Brezel befestigt werden.
Während der letzten Jahrhunderte war dieser Brauch immer wieder bedroht, z.B. durch die Sparkommission des Fürstbischofs von Speyer/Bruchsal. Der sparsame Fürstbischof August Graf von Limburg-Stirum gewährte im Jahre 1784 den Gemeinden das Sommertagspräsent nicht mehr.
Außerdem wurde der Brauch während und nach dem Ersten Weltkrieg verboten. Gleichgültigkeit, Ablehnung durch bedeutende, nicht aus St. Leon stammende Persönlichkeiten und gewisse Auswüchse bedrohten diesen Brauch ebenfalls. So wurde z.B. nach dem Abriss der alten Kirche 1954 der Brauch von der Polizeibehörde untersagt. Als Anlass wurde der Grund vorgeschoben, dass eine lebendige Person nicht eingebunden werden dürfe. Die eigentliche Ursache war jedoch eher das Überhandnehmen des groben Unfugs nach den Hausbesuchen einiger "Summertagskrippel" und anderer Heranwachsenden.

Referenzen

Heimatbuch der Gemeinde St. Leon-Rot "Damals und heute" 1984, S. 414-119