Todaustragen
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Festausübung
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Beschreibung
In Hettingen pflegt die Dorfjugend am 3. Fastensonntag Okuli das Todaustragen. Dazu wird eine bekleidete, auf einer langen Stange befestigte Strohpuppe, der "Bouz" oder "Doudeeche" wie er in Hollerbach und Hettingen genannt wird, unter Gesang ("Schaut heraus, der Tod ist draus, wir tragen ihn den Ort hinaus") durch den Ort getragen und schließlich am Ortsrand entkleidet und verbrannt bzw. ins Wasser geworfen. Das Todaustragen endet mit einem Heischegang der Buben und Mädchen, bei dem sie Eier, Süßigkeiten und Geld sammeln.
Geschichte:
In Hettingen wurde der Brauch 1968 wieder neu belebt und seit Bestehen des Heimatvereins unter dessen Regie durchgeführt.
War es früher ein Vorrecht des Oberdorfes, diese mit Männerkleidern angezogene Strohpuppe zu fertigen, so wird dies heute von Frauen des Heimatvereins getätigt. Verwendet werden dafür aus der Mode gekommener Anzug und Hemd mit Krawatte. Als Gesicht bekommt der "Toud" eine lächelnde Fastnachtsmaske.
Abmarsch ist heute am 4. Fastensonntag Lätare nach dem Sonntagsgottesdienst um circa 10 Uhr am Haus von Adolf Wünst in der Morrestraße. Den "Toud" tragen abwechselnd die größeren Buben. Verbrannt wird er nun nicht mehr an der Gemarkungsgrenze, sondern ein Stück weiter oben am "Hasenwaldbrückle". Während des Marsches dorthin wird heute folgendes Lied gesungen:
"Hei so treiben wir den Winter aus,
jagen ihn zu schanden,
hinweg aus unsern Landen.
Refrain: Hei so treiben wir den Winter aus.
Hei so treiben wir den Winter aus,
Wir schlagen in das alte Stroh,
da brennt der Winter lichterloh.
Refrain
Hei so treiben wir den Winter aus.
Wir stürzen ihn von Berg und Tal
auf, daß er sich zu Tode fall."
Refrain
Wenn nun der Toud verbrannt ist und die Reste in die Moore geworfen sind, bekommen alle teilnehmenden Kinder eine vom Heimatverein gestiftete Brezel.
Man sagte: "Wenn der Bouz nett rümgetrache werd, sterbe en Haufe Leit." (P. Assion)
Bei Meyer finden wir folgendes Lied:
"Nun treiben wir den Tod aus,
Den alten Weibern in ihr Haus,
Den Reichen in den Kasten,
Heute ist Mitfasten!"
Auf dem Rückweg ins Dorf singen sie:
"Nun haben wir den Tod ausgetrieben
und bringen einen freien frischen Sommer."
Es ist anzunehmen, daß es sich hier um den selben Brauch handelt wie den "Totedegenlauf" (Br.Nr. 448).
Emil Schmitt gibt 1894/95 folgende Beschreibung des Brauches; er nennt schon damals den Sonntag Lätare als Brauchtermin:
Am Sonntag Lätare wird von der Dorfjugend eine Strohpuppe angefertigt, mit alten Kleidern versehen und auf eine lange Stange gesteckt. Das Ankleiden geschieht immer in derselben Scheuer.
Die Strohpuppe heißt der "tote Degen" (in dieser Bezeichnung hat sich das ahd. Wort degan, mhd. degen = Held erhalten).
Am Nachtmittag wird der tote Degen ausgetragen. Die Jugend folgt mit hölzernen Säbeln. Von Zeit zu Zeit wird die Schreckgestalt abgelegt und mit den Säbeln bearbeitet. Der Zug bewegt sich bis zur Gemarkungsgrenze, wo die Strohpuppe ins Wasser geworfen wird.
Für den der ganzen Gemeinde geleisteten Dienst heischen die Jungen dann von Haus zu Haus ziehend ihren Lohn. Sie singen dabei folgenden Spruch:
"Hutzel raus, der Toud ist daus".
Mit ängstlicher Sorgfalt wachen die Alten darüber, daß die Jungen diesen Tag nicht vergessen. Denn einmal - so erzählen sich die alten Leute - wurde das Todaustragen unterlassen und es entstand eine furchtbare Seuche, die erst nachließ, als man den toten Degen mitten im Sommer austrug.
Referenzen
Heimatverein Hettingen e. V., Hohenloheweg 4, 74722 Buchen-Hettingen.
Emil Schmitt: Sagen, Volksglaube, Sitten und Bräuche aus dem Baulande. Ein Beitrag zur badischen Volkskunde. Beilage zum Programm der höheren Mädchensch

