Fasnacht

Basel

Basel

Basel-Stadt

Schweiz / Suisse / Svizzera - Switzerland

Dieses Jahr

19.02.2024 (Montag nach Sonntag Invokavit)

Nächstes Jahr

12.03.2025 (Mittwoch nach Sonntag Invokavit)

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Ort

Basel

Kreis

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Region

Basel-Stadt

Staat

Schweiz / Suisse / Svizzera - Switzerland

Beschreibung

Die Basler Fasnacht erstreckt sich über den Zeitraum von drei Tagen nach Invokavit (dem Sonntag vor der Fastenzeit im frühen Rom, der auch Alte Fasnacht oder Bauernfasnacht genannt wird). Dieser besondere Termin nach dem sonst üblichen Fastnachtszeitraum um Aschermittwoch war schon 1529 vor der Reformation in Basel gebräuchlich. Die Zeit um die Kantonstrennung 1833 brachte eine Festsetzung, den eigenen Fasnachtstermin mit sich, da der Kanton Basel-Stadt damit seine Eigenständigkeit zur Schau stellen wollte.

Ablauf:
Auftakt zur Basler Fasnacht ist dabei der Morgestraich, der Punkt vier Uhr früh in der Nacht von Sonntag auf Montag beginnt. Die Lichter der Stadt gehen vom Aeschenplatz bis hin zur Mustermesse auf einen Schlag aus und alle versammelten Trommler und Pfeiffer stimmen mit dem Ausruf: Vorwäärts! Marsch! den ersten Marsch an (den Marsch Morgestraich). Etwas anderes als die klassische Clique (d.h. Trommler und Pfeiffer) findet man am Morgestraich nicht, da Guggemuusigen (eine Art improvisierte Blaskapelle) am Morgestraich verboten sind und Wagen in dem Tumult keinen Platz finden. Alle Cliquen ziehen in ihren Formationen kreuz und quer durch die Straßen und die einzige Beleuchtung kommt von den Kopflaternen und den gezogenen Riesenlaternen, die die Jahresthemen der jeweiligen Clique darstellen (das sogenannte Sujet). Die beleuchteten bis zu vier Meter hohen Laternen kamen nach dem Fackelverbot 1845 als sichere alternative Lichtquelle nach und nach auf.
Die beim Morgestraich getragenen Kostüme sind nicht einheitlich, sondern setzten sich aus alten Kostümen zusammen (Charivari-Kostüm).
Diesem nächtlichen Tohuwabohu mit Stil, von vielen als noch letztes Überbleibsel einer ursprünglichen nicht-regulierten Fasnacht verehrt, stehen die restlichen drei Fasnachtstage gegenüber.

Das Fasnachts-Comité organisiert die folgenden drei Tage äußerst genau, um allen an der Fasnacht beteiligten Gruppen einen Auftritt zu ermöglichen. Am Montag- und Mittwochnachmittag ab 13.30 Uhr zirkulieren die beim Comité angemeldeten Cliquen auf zwei abgesteckten Routen von je 4 km Länge in einem Kreis vom Claraplatz über den Barfüßerplatz bis zum Aeschenplatz. Bei diesem organisierten Umzug (Cortège) ist auch das Auftreten der Cliquen streng geregelt: Zum einen zeigt man sich in einem einheitlichen Kostüm, welches zum Sujet der Clique passt und zum andern erfolgt die Aufstellung der Teilnehmer in einem festgelegten Muster (Vorreiter, Vortrab, Laterne mit ihren Trägern, die Pfeifer, der Tambourmajor, Trommler und Cliquenwagen).
Die traditionellen Instrumente sind die vom Militärwesen stammende Trommel und das am Ende des 17. Jahrhunderts erfundene und im 20. Jahrhundert sich durchsetzende Piccolo (eine Art Querflöte). Natürlich bedienen sich die Guggemuusigen noch mehr Instrumenten und geben am Fasnachtsdienstag zwischen 20 und 23 Uhr mit Platzkonzerten auf dem Clara-, Barfüsser- und Marktplatz ihre Künste zum Besten geben. Während die Guggemuusigen ihre Musik schmettern, verziehen sich die Cliquen etwas mehr in die Altstadtgassen. Dabei sind sie am Dienstag wie am Morgestraich nicht an ihre Sujet-Köstume und an den Cortège gebunden und nutzen die Zeit wieder für freies Umherziehen fern von Comité-Zwängen. Der Dienstagnachmittag ist zudem den Kindern gewidmet, die als Kinderfasnacht einen eigenen Umzug von Mittag bis Abend inszenieren. Dabei steht natürlich das Verteilen von allerlei Süßigkeiten besonders im Vordergrund.
Überhaupt hat die Basler Fasnacht auch eine ausgeprägte materielle Seite: Neben allerlei Blumen (von Mimosen bis zu Rosen), Orangen, Gemüse, Süßigkeiten, Kondomen, Plastikspielzeug und Batterien sind der Fantasie der Wagencliquen beim Cortège keine Grenzen gesetzt. Das Wagenpersonal verteilt dabei vom Wagen aus das bunte Allerlei an die Zuschauer (es gab schon Anzeigen wegen Schäden durch ungeschickt geworfene Orangen). Das dabei natürlich am meisten Konfetti (Räppli) verteilt werden, versteht sich von selbst! Ausländische Unwissende seien dabei gewarnt: Jedes Jahr verkauft das Comité Fasnachtsplaketten, über deren Verkauf die Fasnacht mitfinanziert wird. Bevorzugtes Opfer von Konfetti-Attacken sind natürlich Leute, die über keine solche Plakette verfügen.
Als Erholung von solchen Attacken bietet sich der Besuch eines Restaurants mit Ausprobieren von Fasnachtsspezialitäten an. Eine Art von salzigem Käsekuchen (Kääswaije) und Zwiebelkuchen (Zibelewaije) bildet zusammen mit der Mehlsuppe das typische Fasnachtsmenü, welches 1858 zum ersten Mal schriftlich erwähnt wurde. Die Pflichtnachspeise besteht aus einem luftigen mürben Süßgebäck (Fasnachtskiechli). Früher galt heiße Schokolade und heute Weißwein als typisches Begleitgetränk. Heiße Schokolade wurde 1857 zusammen mit den Fasnachtskiechli zum ersten Mal in einem Zeitungsinserat erwähnt. Als Zwischenverpflegung bietet sich zudem ein brezelartiges mit Kümmel bestreutes Gebäck (Faschtewaije) an, das zur Fastenzeit bis nach der Fasnacht gegessen wird. Geht man abends ins Restaurant, kann man zudem am Montag- und Mittwochabend zahlreichen Schnitzelbänggen lauschen, einer Art auf Baseldeutsch vorgetragenem Reim zu regionalen, nationalen und internationalen Themen. Jede Basler Fasnacht hat ein Hauptthema (Sujet), welches von den Cliquen aufgegriffen werden kann, aber nicht muss. Das erste Sujet entstand 1853. Die Bandbreite an Sujets reicht von regionalen Kleinigkeiten bis zu internationalen Themen und können auch sehr kritisch sein z.B. zog die Rätz-Clique 1934 über den deutschen Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht her, der im Basler Stadtcasino eine Rede hielt, dass Deutschland von der Schweiz geliehene Gelder nicht zurückzahlen werde. Im 19. Jahrhundert überwogen internationale Themen, im 20. Jahrhundert hingegen eher lokale Themen.

Geschichte:
Wichtig ist für den ausländischen Betrachter, dass die Basler Fasnacht ohne das „t“ auskommt. Bereits 1283 gab es erste Belege für das Wort Fasnacht im süddeutschen Raum und in der Schweiz. Dies folgte einer süddeutschen Tendenz, den Buchstaben „t“ in Wörtern wegzulassen. Heute steht der fehlende Buchstabe für die Eigenheit des Basler Brauchs, der sich bewusst gegen die deutschen Fastnachtstraditionen abgrenzt.
Das eigentliche Wort Fasnacht setzte sich erst in den 1920ern durch als der Basler Dialekt zur offiziellen Sprache der Basler Fasnacht festgelegt wurde. Noch 1911 zog der Fasnachtsumzug mit Prinz Karneval an der Spitze durch Basel und die Medien sprachen noch von Fasching oder Karneval. Die sprachliche Umgestaltung und Normierung war dabei Teil einer allgemeinen Normierung verschiedener Fasnachtseinflüsse in Basel zu einem als traditionell verkauften Basler Folklorebrauch.

Die Entwicklung der Fasnacht kann dabei historisch in vier Phasen unterteilt werden:
Eine erste Phase startete um 1422 mit ersten Erwähnungen von Trommlern im Zusammenhang mit wüstem Geschrei. Vornehmlich junge Männer zogen zum Leidwesen von Stadtverwaltung und Kirche Jahr für Jahr in Kleingruppen durch Basel. Das führte zum offenen Kampf mit der Kirche, die viele Fasnachtsverbote durchsetzte (z.B. 1599), die jedoch immer wieder aufgehoben wurden. Auch Erasmus von Rotterdam beklagte sich 1526 über ausgeprägten Trommellärm als er in Basel wohnte. Erst Ende des 18. Jahrhunderts kamen bei diesen Radauzügen Stofflarven auf, die später von Wachslarven und den heutigen Pappmachélarven verdrängt wurden. Im 18. Jahrhundert tauchte auch der Harlekin als Motiv in Basel auf. Davor wurde als Verkleidung oft einfacher Ruß ins Gesicht geschmiert, um einfache Gestalten wie Bauern oder Teufel darzustellen.
Ende des 18. Jahrhunderts findet sich auch der Übergang in die zweite Phase, da die Zünfte ihre Zunftessen an Aschermittwoch organisierten und die Vorstadt- und Ehrengesellschaften Basels (Quartiervereine) ihre Militärparaden in Umzugsform veranstalteten. Diese Veranstaltungen waren streng elitär und setzten sich vornehmlich aus den etablierten Schichten der politischen Entscheidungsträger der Stadtverwaltung (z.B. des großen Rats) zusammen. Nur wer Basler Bürger war, war in der Zunft oder den Gesellschaften und hatte Zugang zu den Festlichkeiten. 1798 schloss sich Basel den napoleonischen Kräften an. Die Zeit der französischen Besatzung schränkte die alte oligarchische Stadtelite ein und nach dem Sieg über Napoleon entstand ein Macht- und Organisationsvakuum. Zwar organisierte die Basler Oberschicht noch weiterhin Fasnachtsfeiern (Maskenbälle, Feste, Essen), doch fehlte es dabei an offiziellem Charakter. Dafür gab es ab der Kantonstrennung von Basel-Stadt und Basel-Land 1833 vermehrt Umzüge der Vorstadt- und Ehrengesellschaften, die jedoch bald von einer neuen Mittelschicht mit ihrer Fastnachtsorganisation verdrängt wurden. Diese Mittelschichtvertreter gründeten im Jahre 1858 die allererste Fastnachtsgesellschaft, das Quodlibet und läuteten damit eine dritte Phase ein.
In den 1850er Jahren waren 70 % der Einwohner Basels Nichtbürger, d.h. zu einem großen Teil Immigranten (im Vergleich zu 50 % im Jahre 1800), viele davon deutsche Einwanderer. Diese Immigranten konnten als Nichtbürger nur schwer an politisch-gesellschaftlichem Einfluss gewinnen und fingen deshalb an, über die Gestaltung der nicht-reglementierten Fastnacht ihren Einfluss zu institutionalisieren. So finden sich bei den Gründern des Quodlibet viele Deutsche.
Damit lässt sich auch erklären, wieso ab den 1830er Jahren in Basel vermehrt Anleihen an deutsche Karnevalsbräuche aus Süddeutschland zu finden sind. Bestes Beispiel hierfür ist Prinz Karneval (wie man ihn z.B. auch vom Kölner Karneval kennt), der den ersten Karnevalsumzug des Quodlibet 1866 anführte. Das Quodlibet (als Großbaselvertreter) verschmolz um 1911 zusammen mit dem Wurzegrabe-Kämmerli (Kleinbaselvertreter) zum offiziellen Fasnachts-Comité, nachdem es 1903 von der Regierung Basels das Monopolrecht erhalten hatte, für die Fastnachtsumzüge Geld zu sammeln.
Mit dem Fasnachts-Comité beginnt dabei die moderne Normierung der Fasnacht und der Umbau von verschiedenen Fastnachtstraditionen zu einem offiziellen folkloristischen Brauch, der als Basler Fasnacht vermarktet wurde und wird. Stationen dabei waren:
Gründung der ersten Trommlerschule (1909), Festlegung des Basler Dialekts als Verkehrssprache der Fasnacht (Ende 1920er Jahre), das Konfettigesetz für hygienische Konfetti (1950), das Verbot von Getreidespreu und Geflügelfedern an den Umzügen (1970) und die Festlegung von fixen Fasnachtsumzugsrouten (1973), um nur ein paar Normen zu nennen.
Mit der Umstellung zur Basler Folklore begann auch eine Professionalisierung der Fasnacht auf Massenbasis. Die meisten Fasnachtsvereine der aktiven Fasnächtler (Cliquen) gründeten sich mit den ersten Trommler- und Pfeifferschulen im Zeitraum von 1900 bis 1930. Die Cliquen dokumentieren dabei den massiven Anstieg der aktiven Fasnächtler im 20. Jahrhundert (mit 21 Stammcliquen und 8 Tambouren- und Pfeiffercliquen im Jahre 1946, 37 und 131 im Jahre 1985). Vor allem nach 1945 stieg die Zahl der Fasnächtler durch die Emanzipation der Frau und ihren Zugang zur Fasnacht sowie dem gestiegenen Schweizer Wohlstand massiv an. Zählte man 1960 noch ca. 3000 Aktive, so waren es 1985 bereits ca. 20000. Zu verdanken war das auch neuen Formen innerhalb der Fasnacht wie das massenhafte Aufkommen der Guggenmuusigen (25 Gruppen im Jahre 1967 und 68 im Jahre 1985) sowie dem Aufkommen von Wagencliquen. Im Jahre 2006 waren beim Fasnachts-Comité 142 Cliquen, Stammvereine und Gruppen angemeldet. Dazu 91 Pfeiffer- und Tambourengruppen, 147 Wagencliquen und Chaisen (Kutschen) sowie 60 Guggenmuusigen. Nach vorsichtigen Schätzungen kam die Zahl der Aktiven 2006 dabei auf ca. 18000 beim Comité angemeldete Fasnächtler.

Bedeutung heute:
Die Basler Fasnacht heute hat einige wichtige Funktionen innerhalb der Stadt Basel. Ab den 1970ern kann von einem regelrechten Fasnachtsboom in den Medien in und um Basel gesprochen werden. Die Durchsetzung des Bildmediums Fernsehen in dem Zeitraum war natürlich ideal, um all die Farben und Formen der Kostümvielfalt direkt wiederzugeben. Die Printmedien sprangen auf den Boom auf und heute findet in den Medien Basels (Basler Zeitung, TeleBasel, aber auch im Schweizer Fernsehen SF DRS) Jahr für Jahr ein Reigen an Fasnachtsreportagen statt, der fast schon disproportional zu den ca. 20000 aktiven Fasnächtlern (ca. 10 % der Stadtbevölkerung) steht. Dies ist zum einen dem zahlreichen Fasnachtspublikum aus dem In- und Ausland zu verdanken (das Comité rechnet jedes Jahr mit mindestens 200000 BesucherInnen) und zum andern der Zunahme vorfasnächticher Veranstaltungen (Kleinbasler Charivari, Mimösli etc.).
Diese Kommerzialisierung, die sich durchaus in hohen Gastronomiepreisen zur Fasnachtszeit widerspiegelt, zeigt wie sehr die Basler Fasnacht im 20. Jahrhundert als Touristenattraktion d.h. als typischer Basler Brauch dargestellt wurde und wird. Fasnacht wurde in Basel mit der Normierung des Brauchs durch das Comité zu einer folkloristischen Attraktion entwickelt. Kritiker sagen, dass dadurch die Basler Identität ausverkauft wurde, was man jedoch entschieden relativieren muss. So finden sich über den Aufstieg der Fasnacht zum festen Stadtphänomen erst die identitätsstiftenden sozialen Bindungen innerhalb der Cliquenvereine, die durch den Anstieg der Aktiven erst zur sozialen Norm wurden. Durch die Professionalisierung nahm zudem die Qualität der Musik zu: Die Cliquen üben das ganze Jahr hindurch und bilden so Interessenvereine, die sich über die Fasnacht mit einem Stück Brauchtumspflege (vor allem auf dem Gebiet des Basler Dialekts) beschäftigen.
Ein Artikel der Wirtschaftszeitung „Bilanz“ aus dem Jahre 1982 versucht, die wirtschaftliche Seite der Touristenattraktion Fasnacht festzuhalten. Die Schätzungen gehen von folgendem aus: Konsumausgaben der aktiven Fasnächtler und Zuschauer, 3000 zusätzlich für die Fasnacht belegte Hotelbetten, Löhne für Laternenmaler, Schreiner, Larvenhersteller und Zetteldrucker mit Auflagen von bis zu 13 Mio. Zetteln. Dazu kommen noch Ausgaben für die drei Bummelsonntage nach der Fasnacht, wo die Cliquen ohne Kostüme umherziehen und Tausende von Franken für die Eintritte der vorfasnächtlichen Veranstaltungen. Selbst Mittelverdiener mit einem Verdienst von jährlich 30000 bis 40000 Franken geben laut einer Fragebogenaktion rund 2000 bis 3000 Franken für ihre Kostüme aus. Die Zeitschrift Bilanz kommt dabei insgesamt auf einen fasnächtlichen Umsatz von ca. 20 Mio. Franken. Genauere Zahlen gibt es durch die Verschwiegenheit des Fasnachtscomités leider nicht. Nur eines ist klar: Die Basler und die auswärtigen Besucher lassen sich die Fasnacht einiges kosten.